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nebenstraßen

es waren die nebenstraßen 
welche sie entschleunigten
das zu sehen was zählte

 

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pics & words: © paulson

 

 

große kinder

nicht ausgeschlossen
dass es sich beim hang
zu verschwörungsmärchen
um geistige verwirrung handelte

viel eher aber war dies phänomen
ein überbleibsel aus der kindheit
ein sich-spüren im aufgeregt-sein
ein sich-erregen an grusel und spiel

 

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diktaturen

 

manche fanden diktaturen nicht so schlimm
solange frieden und ordnung herrschten

vor allem wenn sie selbst in freiheit lebten

die menschen waren sehr verschieden

 

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das größte glück

für den einen sein roter aufsitzrasenmäher
für den anderen ein weltraumspaziergang
für den dritten die erlesene alleinsamkeit

die menschen waren sehr verschieden

 

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planet b

es gab nur eine auserwählte art
die auf die grandiose idee kam
den gesamten planeten
zu plündern und zu ruinieren
und einen zweiten zu besiedeln
wenn der erste finito war

um auf so etwas zu kommen
musste so eine tierart
ganz schön sapiens sein

 

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grenzenlos

das ende der vögel brachte 
auch das ende des himmels 
dies unermessliche blaue reich
nun ein genialisch vermessener
raum
zur versendung von flugapparaten
mit und ohne menschentiere

es geschah auf unsichtbaren bahnen
gesteuert wie von geisterhand

lautlos fehlerlos grenzenlos

 

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sehnsuchtsorte

er beneidete menschen
die an flüssen und meeren
und auf inseln wohnten

aber er blieb doch wo er war

es sollte auch morgen
noch sehnsuchtsorte geben

 

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angesicht

so geworfen so gewachsen so geworden

landschaft zum bestaunen

im spiegel stets verkehrt

 

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wörter

wo nur flogen
all die wörter hin
wenn sie im wind
v e r k l a n g e n

 

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weltraumwärts

wenn die letzten seeleninseln
durch ihre tollen netzwerke
verraten sein werden
in nicht allzu langer zeit
wird es keine mehr geben

dann müssen sie wohl 
weltraumwärts reisen

dort soll es noch still sein

berichten jene die draußen
beim anblick der heimat
schwerelos weinten vor glück

 

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alles liebe

alles ist liebe
oder der schrei danach

kein dummer spruch
die einzige erklärung

 

 

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nagelfeile

die demut kam spät aber gewaltig
wie all die anderen die er verpasst hatte
zu spät wie sich schnell herausstellte

sie war eben mal kurz rausgegangen
als er seine letzten worte hauchte

ich… bin dann… mal…….weg

wo hatte sie nur wieder
die nagelfeile liegen lassen

 

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pic: T. W./paulson
words: © paulson

 

 

wunder

das leben war kein wunder
es war ganz viele auf einmal
jeden neuen tag

sogar heute

 

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das licht

auch im naturtheater
machte das licht den ton
in der seele des betrachters

 

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pic: d. k. 
words: © paulson

 

 

elons sternenhimmel

einfach leben und frei

der alte traum hatte sich erledigt
für die im datennetz zappelnden

 

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gelassenheit

sich üben in gelassenheit wollte er

in der von allen guten geistern verlassenen

 

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diese teutonen

radfahrkurse für migrant:innen

mensch diese teutonen 
nicht nur begnadete invasoren
kreatoren der weltbesten motoren usw…

nun auch noch integratoren vor dem herrn

um himmels willen
sie können wirklich fast alles

 

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unvermeidlich

freilich hatten sie nur das beste gewollt

aber sie schafften nicht mal das gute

jedenfalls kam am ende
das schlechteste dabei heraus

es tragisch zu nennen
hätte keinen sinn gemacht

millionen von arten waren vor ihnen
von der kugel verschwunden

es war eben was es war

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göttlich

sie haben die mutter
zur hure gemacht
und fühlen sich
göttlich dabei

sie haben dem himmel 
maschinen gebracht
und füllen ihn an
mit geschrei

sie rauben die schätze
erleuchten die nacht
und glauben wahrhaftig
sie seien so frei

sie haben die mutter
zur hure gemacht
und fühlen sich
göttlich dabei

 

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erstaunlich

es ging ihnen wirklich gut
erstaunlich was sie so alles
aus einer unwirtlichen kugel
am rand der galaxie herausholten

chapeau
du tolles menschentier
und immer weiter so

 

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schönes

wer nicht sucht
der findet
schönes

überall

 

 

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sinnlos

manche brauchten all ihre kraft
für die anhäufung von gütern
andere für den bau von netzwerken
oder um außergewöhnlich zu sein

wieder andere verschwendeten sie 
sinnlos an das leben

 

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spiele

sie verdeckten die trauer
über ihre endlichkeit mit spielen
die ihnen halfen oben zu bleiben
im hellenschönenbunten schein

was hätten sie klügeres tun können
in einem dasein wie dem ihren

 

 

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an manchen tagen

an manchen tagen
fielen die töne 
wie tropfen in sein ohr
die uhr tickte in zeitlupe
und er sah die dinge
wie niemals zuvor

nur er selbst war unsichtbar

 

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nachklang

wundersam schön
wie es zerfloss
dies heute im gestern

 

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angelehnt

sie zogen es vor
angelehnt abzustehn

das war sehr menschlich

 

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dumm dumm

man musste schon
dumm wie mensch sein
um einen esel dumm
und ein schwein
dreckig zu nennen

 

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menschenwerk

dieser kleine wirre mann
aus dem riesenreich
ließ ihn unwillkürlich
an eine blutrünstige märchenfigur
aus längst vergangenen tagen denken

dann aber fiel ihm gleich ein
der schuldkomplex hatte sich gemeldet
dass sein geliebtes eigenes mutterland
vor gerade mal einem menschenleben
das weltzentrum des schreckens war
und das gleich im quadrat

ein einziges menschenleben
oder ein paar monde später
nun also dieser irre mörderzwerg
nein wir haben die vielen kriege
die in der zwischenzeit tobten
mit abermillionen von opfern
auch jene die noch im gange 
uns aber eigentlich egal sind
nicht ganz vergessen nur fast

nichts an ihm war besonders
und er tat nichts absonderliches
konnte man das so sagen
bei all dem gruseligen grauen
welches das männlein verbreitete
bei all dem monströsen schlachten
bei all den eiskalten lügen

man musste es wohl so sagen
denn auch seines war nichts als
ungeheures menschenwerk

 

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heavy metal

je schöner das wetter
desto mehr verdarben sie ihm 
mit ihren maschinen den tag

sie entspannten halt am besten
im selbst erzeugten getöse
bei der arbeit im freien

irgendwie erinnerten sie ihn dabei
an übende heavy metal schlagzeuger
die auch für sich in anspruch nahmen
der welt schönste musik zu schenken
und vollkommen blind dafür waren
wie sehr sie ihren artgenossen
damit auf die nerven gingen

gegen solches sendungsbewusstsein
war selbstredend kein kraut gewachsen

und wenn hätten sie es sowieso
in null komma nix abgefackelt
kleingeschreddert weggeblasen

 

 

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designer boxes

baumlose gärten
teppichrasenödländer
weiße häuser graue dächer
schicke boxes all the same

 

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göttlich

 

kometen fallen
welche pracht

als gottesgaben 
aus der nacht

und dann des tags
oh welche wonne
oh welches glück
die göttersonne

und immer wieder 
welch ein segen
gibt es dazwischen
auch mal regen

 

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nicht untergehn

sie wollten nicht untergehn

aber auch nichts ändern

das war sehr menschlich

 

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reichtum

je besser es ihnen ging
desto weniger begriffen sie
den reichtum welchen sie besaßen

 

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der einzige sinn

wenn es der einzige sinn
im leben des menschen war
einfach glücklich zu sein
warum um alles in der welt
tat er sich dann so schwer damit

 

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es

eine hoffnung eine vision ein trost

darauf zu warten eine torheit
dafür zu töten eine idiotie

dafür zu beten eine option

 

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glückskinder

was blieb ihnen auch anderes übrig
als das leben von fremden zu führen
in dieser gehetzten verkauften hohlen
zerstörten
überfüllten brutalen welt

weil sie allesamt glückskinder waren
machten sie das beste aus allem
und glaubten so sie lebten
in der allerschönsten aller zeiten

claro würden der kluge sapiens
und die smarte technik schon bald 

einen neuen planeten besiedeln
sollte der alte durch sein

oh ja… dieser optimismus
war ihr allergrößtes pfund

 

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das ende der welt

dieses leben
welch eine abgefahrene sensation
wer wollte es sich ohne einen vorstellen

und doch würde sich die erde einmal
ohne diesen einen weiterdrehn

dass es sie dann gar nicht mehr gäbe
war der doch glatt egal

 

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welträtsel

warum diese species homo mensch
genial sein kann wie ringsgwandl
und zugleich dumm wie brot 
entschuldigung brot
bleibt bis auf weiteres
ein unlösbares welträtselt 

 

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frage der fragen

die frage der fragen

ist er nun gut oder schlecht
dieser sapiens

die antwort

eindeutiges ja

 

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sommermeeresrauschen

manchmal am morgen
wenn er die augen
noch einmal schloss
überkam ihn dieses
sommermeeresrauschen
und mit ihm ein lächeln
das keiner sah
und überall war

 

 

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die großen beruhiger

die großen beruhiger

ein lagerfeuer
der sternenhimmel
das meer

die vollkaskoversicherung

 

 

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sein leben

er lauschte der stille
nahm worte und bilder
er baute gedanken
und flötete töne
er schaute sein eden
und liebte sein bestes

und hielt’s für die welt

und später beim abschied
war das dann sein leben

 

 

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komisch

wer den sapiens
in aller ruhe
mit abstand betrachtete
kam nicht umhin
ihn komisch zu finden

auch den eigenen

 

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weites feld

zwischen übersensibilität
und naiver robustheit
lag ein weites feld
die kartoffeln darauf
schwankten erheblich
in der größe

 

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eine andere welt

wenn ihnen langweilig war lärmten sie

hätten sie stattdessen geschlafen
wäre es eine andere welt

 

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risikoabwägung

das leben war eines der gefährlichsten
nicht leben war weniger riskant
tot sein am sichersten

 

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rasenmäher

auch nach all den qualvollen jahren
blieb noch immer diese eine frage

waren die rasenmäher
nun die männer oder die maschinen

 

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Texte und Musikstücke sind in der Regel voneinander unabhängig

pics & words: © paulson

 

 

nur noch die mutigsten

nur noch die mutigsten
wollten politik machen
unter diesem volk

 

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Skulptur: Guido Messer

 

 

 

kein schloss

wer die prinzenrolle
nicht spielen wollte
brauchte kein schloss

 

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befehlshaber

sie lebten
unter der herrschaft
digitaler befehlshaber
und fühlten sich bestens dabei

wie hatte es soweit kommen können

 

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im leben selbst

mehr magie als das dasein
bot ihnen kein medium
schon gar kein künstliches

einen größeren schmerz als den tod
kannten die klugen zweibeiner nicht
und kein größeres glück als die liebe

im leben selbst wohnte alles
zwischen tiefster trauer 
und himmlischer seligkeit

 

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werkzeuge

hätten sie begriffen
welch famose werkzeuge
ihre hände und füße waren
hätten sie vielleicht auch verstanden
dass es nicht so vieler umstände bedurfte

dasselbe galt für arme und beine
für auge nase mund und ohr
und für den ganzen rest

das war ein gedanke
ersonnen von einem hirn
dessen ungeheure möglichkeiten
den verstand
bei weitem überstiegen

noch immer hatten sie

a b b r u c h

 

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dankbarkeit

 

wenn das neue wunder einzug hielt
konnten sich selbst nüchterne geister
einem gefühl feierlicher erhabenheit
nicht gänzlich widersetzen 

auf dichten straßennetzen rollten sie 
neben einkaufs- und gewerbeparks
in hochglanzhightechräderapparaten
am urwald ihres albtraufs entlang
und bestaunten still die ankunft 
des magischen wiederergrünens

der flieger für den ersten urlaub des jahres
wartete schon an der startbahn auf sie
bienenfleißige helfer hatten alles bereitet

ein rad griff ins andere im zusammenspiel 
von mensch technik und natur

im aufsteigen erlebten sie noch intensiver
ihre kleinheit im unbegreiflichen weltganzen
unwillkürlich wuchs ihnen mit der demut
die gänsehaut auf die euphorische brust

welch ein wunder dies alles

und gleich würde es sommer sein

dankbarkeit

 

 

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monsterkonto

auch wenn ihm eine gottheit
nur schwer einbildbar erschien
so war es doch nicht vorstellbar
dass dieser kleine verirrte mann
diese aus not lüge niedertracht
und einem strauß von komplexen 
gemachte menschenkreatur
am ende der mördergeschichte
ungestraft davonkommen würde

zumindest wünschte er ihm
dieses gerechtigkeitstribunal

und er wünschte es allen 
mit einem solchen monsterkonto
an entsetzlichen abscheulichkeiten

 

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nicht bloed

gewissensmenschen
hatten es schwerer

verdrängungsmenschen
hatten ein reines gewissen

und oft hatten sie auch humor
so einen lässigen leichten
mit einem anziehenden lächeln 

der einfachere weg war der gesündere
warum sollte einer den schwereren gehen

man war doch nicht bloed

 

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ausflüge

ungebrochen die macht des mythus

ohne die ausflüge ins phantastische
hielt es kein mensch in diesem leben aus

also flogen sie

 

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baumriesen

baumriesen
gingen ans herz

kettensägen
mittendurch

 

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2084


natürlich waren die menschen großartig

ungewöhnlich klug und liebenswert

sie berührten ihn zutiefst

jedes einzelne und das schicksal aller
dieser unfassbar vielen menschenkinder

aber er liebte sie nicht nur
so wie er sich selbst nicht nur liebte

logisch waren sie in ihrer gesamtheit 
nicht schuld am schnellen niedergang
so wie keiner allein verantwortlich war

zurückblickend würde man droben
in der galaktischen zentrale feststellen

es habe gar nicht anders kommen können
sie hätten irgendwann in ihrer geschichte
nicht mehr ins natürliche schema gepasst
und trotz ihrer zahlreichen begabungen
oder gerade wegen dieser anlagen
sei es ihnen eben nicht gelungen
die katastrophe abzuwenden

als der letzte von ihnen
die sterne über sich sah
staunte er in die pracht
welche er da schaute
niemals zuvor hatte ihn
der himmel so tief berührt

besser spät als nie
dachte er noch 
und
so ein blöder spruch

dann folgte er den anderen

 

 

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erfolgsgeschichte

seit 1980

kiebitz rebhuhn turteltaube
minus neunzig prozent

homo sapiens 
plus neunzig prozent

 

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mänschnskindr

schneller als die pilze
schossen die neuen
aus der erde schoß 
stimmten mit ein
in die wirren gesänge
der irren weltauslöscher

 

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so jung

bei jedem wort
bei jedem blick
bei jedem schritt
waren sie so jung
wie sie nie mehr sein sollten

wenn das kein grund war
jeden neuen tag zu lieben

 

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Der spielende Knabe


Der spielende Knabe

Spiele, Kind, in der Mutter Schoß! Auf der heiligen Insel
Findet der trübe Gram, findet die Sorge dich nicht,
Liebend halten die Arme der Mutter dich über dem Abgrund,
Und in das flutende Grab lächelst du schuldlos hinab.
Spiele, liebliche Unschuld! Noch ist Arkadien um dich,
Und die freie Natur folgt nur dem fröhlichen Trieb;
Noch erschafft sich die üppige Kraft erdichtete Schranken,
Und dem willigen Mut fehlt noch die Pflicht und der Zweck.
Spiele! Bald wird die Arbeit kommen, die hagre, die ernste,
Und der gebietenden Pflicht mangeln die Lust und der Mut.

 Schiller


wer sollte solches kommen wollen können

bleib auf der mutter schoß
du großes kind
und spiele frisch drauf los
in deinem paradies
ist gar nicht schlimm

unschuldig bist du ohnehin
und bald schon wirst du ja
gar nimmer sein


…und er ist nur da ganz Mensch wo er spielt

 

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die dummheit

alles hat ein ende
nur die dummheit bleibt

am ende der zeit
grüßt sie
stramm aus dem nichts

 

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der führer

man muss schon viel pech gehabt haben
und mehrmals falsch abgebogen sein
um ein irdischer teufel geworden zu sein
dem ein leben weniger wert ist als nichts

einem solchen den tod zu wünschen
wäre unchristlich und zutiefst menschlich

auf alle fälle aber sollte ihn das göttliche
möglichst schnell aus dem verkehr ziehen

und jenen die ihm nachgelaufen sind
sollte es zeit geben sich zu besinnen
sich wieder zu vermenschlichen
in einer friedlichen und freien zeit

bevor es dann
im ewigen kreislauf
von gut und böse
wieder mal heißt

wo ist die kraftgestalt
die uns herausführt
aus dem weicheiertum

es lebe der führer
der führer er lebe hoch

 

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das spiel

wer mit dem teufel spielt
darf sich nicht wundern
wenn er in der hölle landet

 

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die größte der wonnen

sich im eigenen wesen zu sonnen
war ihnen die größte der wonnen
das glück der artgenossen juckte sie
nur in bezug auf das eigene

selbst ein weltuntergang ließ sie kalt

wer anderes behauptete
war ein romantiker

natürlich gab es ausnahmen
sonst hätte es nicht
die regel sein können

 

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heiterkeit

ohne heiterkeit
überlebte kein mensch den menschen
ohne sonne im herzen
war ringsum schwarze nacht

 

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Skulptur: Guido Messer

 

karneval

nicht nur im karneval maskierten sie sich
aber im närrischen sein entspannten sich 
die vom alltag gezeichneten gesichter
unter den masken zu dem was sie waren
und so mancher mensch tauchte dann
als ein ganz neuer darunter hervor

 

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menschentiere


klug sind sie und sentimental

grausam und eitel und gut
maßlos sind sie und feierbiester
freunde und feinde aufs blut

schweigsam sind sie quasselbiester
fleißig und faul wie die nacht
bescheiden sind sie besserwisser
verliebt verlobt und verkracht

einsam sind sie achtsam zart
mutig und feige und fair
schlawiner schurken schufte sind sie
verschlossen und tief wie das meer

lügenbiester triebgestalter
kleinkarierte glücksverwalter
habenichtse millionäre
ohne oder mit karriere

egomanen altruisten
schweinepriester pazifisten
bäcker und maschinenbauer
börsenmakler feischbeschauer

menschen sind sie tiere sind sie
teufel götter engel sind sie
kalt wie eis und heiß entflammt
menschentiere allesamt

 

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pics & words: © paulson

 

unbehaust

das unbehauste tier
auf der planetenkugel
ausgestattet mit bewusstsein
dem wissen um sein ende
vielfältigen und großartigen
aber nutzlosen begabungen
ein sonderfall der natur
rastlos nach bedeutung
liebe
und heimat gierend
überlebensuntauglich

 

Sophie Hunger – Strangers

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pics & words: © paulson

 

gestirne

ein milchiger menschenweltschleier
hatte sich vor den himmel gehängt
aber sie spürte klar wie dahinter
gestirne durch die nacht kreisten
ihre ewigen geschichten erzählten
von liebe von kälte von einsamkeit
sterne unendlich fern gänsehautnah

 

 

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kein näschen

mit dem feingefühl eines bulldozers
fräste der spät auf der planetenkugel 
erschienene menschenaffe seine spuren
durch erde wasser und firmament

atemberaubend das gemetzel
an den hilflosen mitgeschöpfen

millionen von anderen arten
hatte er bereits ausgerottet
ehe sie noch entdeckt waren

und wenn das gefräsige raubtier
sie ausnahmsweise mal verschonte
dann nur aus sorge um sich selbst

etwas war faul im staate sapiens
und es stank mächtig zum himmel

doch der pausenlos tobende affe
vermochte es nicht zu erschnüffeln
denn sein hübsches riechorgan
war zwar ein rechter zinken

aber hochgradig unterentwickelt

ein umstand der schon bald
zu seinem niedergang führte

 

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irrsinn

wie hätten sie den irrsinn
den sie da lebten
auch erkennen sollen
wenn er sie ständig umgab

 

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erstaunlicher wurf

dieser homo sapiens
ein erstaunlicher wurf
einer launischen natur

aber schmetterlinge und seegurken
waren auch nicht von schlechten eltern

von buschwindröschen ganz zu schweigen

 

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berührt

sie waren wesen
die berührt wurden
vom unberührbaren

 

 

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die größte kraft

sie umwehte und vernebelte sie
verwirrte und verdunkelte sie
bedrohte und zerstörte sie
verzog sich kam zurück
als großer heller klang
da staunte sie 
weil ihr flügel wuchsen
dann schwebte sie
ganz eingehüllt
im festlichen gesang
im blauen traum 
dann stürzte sie
vom himmel 
in ein tiefes tal

so ging es alle tage
ein leben lang

gewiss war sie 
die größte kraft
im weltenraum

 

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pics & words: © paulson

bunter staub

als die krähe
am kalten wintertag
auf ihr niederging
fiel schnee als bunter staub
von der alten esche herab
und zauberte ihm
ein lächeln ins gesicht

wie sie das sah
weinte sie vor glück

er fand es märchenzauberschön

 

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pics & words: © paulson

in den himmel

denkbar dass es noch schöneres gab
als aus einem meer von musik und liebe
lesend und schreibend in den himmel zu reisen

aber getauscht hätte er mit nichts und niemandem

 

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im dunkeln

nur wer im dunkeln steht
sieht über sich die sterne

 

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pics & words: © paulson

 

burg 473

sandstein auf kalkstein
viel mehr war da nicht

einerseits

in diesem sinne

danke und ade

 

 

youtube.com/watch?v=emVsrjJRc8Y

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 472

ob du in einem schlosse wohnst
dich dabei königlich fühlst
über allem schwebst 
wunder erlebst
bestimmst allein du

im zaubermärchentraumtheater 

der eintritt ist frei

 

Sofiane Pamart au Piano Day – ARTE Concert
youtube.com/watch?v=7wvg71IDoAE

 

pics & words: © paulson

 

 

 

burg 471

wenn abends die fenster glühten
verbrannten hinter den scheiben
die märchenfiguren und kinderträume
im inferno eines lodernden abschieds

doch gleich am nächsten morgen
eilten die trauernden burgwärts
wo sie beim steigen des gestirns
selbst wieder lichterloh brannten

alles gut
alle wieder da
dem himmel sei dank

 


Yuki Murata – piano solo concert
youtube.com/watch?v=MMq6eq8meV4

 

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 470

sollten wir oder jene
die uns nachfolgen es erleben
dass wir wieder das geworden
was wir einmal gewesen sind
so werden wir oder die morgigen
alles was wir heute hervorbringen
auch dieses träumegemäuer
und die wege dorthin 
nicht mehr brauchen

denn das gute schöne wahre
ist schon immer in uns

 

Violin Concerto No. 2 in E Major, BWV 1042: I. Allegro
youtube.com/watch?v=QB79QYWnn78

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 469

freilich diente sie hier
nur als eine metapher
für das schöne das erhabene 
und andere seelentiefen

als ein bild welches ich lieben darf
und welches gedanken hervorbrachte
über den menschen und die welt

 

Concerto for Two Violins in D Minor, BWV 1043: II. Largo ma non tanto
youtube.com/watch?v=5LXBudUCEGw

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 468

klar braucht es kein märchenschloss
noch dazu so ein nachgebautes
um die seele zu weiten

es gibt viele feierliche orte
abseits des gewimmels

im alleinsein
in der achtsamkeit

in der stille des geborgenseins

 

 

Paul Gerhardt | Virtuous Garden
https://www.youtube.com/watch?v=KyCczYrpIQ0


pics & words: © paulson

 

 

burg 467

fast schien sie verloren

da holt die sonne sie wieder 
aus den nebeln der nacht

die nebel der geschichte aber
werden wohl niemals gelichtet 

 

Hugo Kant – Sure the sun will rise
youtube.com/watch?v=TT60U7oYWTY

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 466

hätte sich diese gruppe
von dominanten menschen
vor rund eintausend jahren
nicht auf dem berg angesiedelt
wäre die welt heute eine andere

würden sie dem zustimmen

– – – – – – – – – – – – – 

alright

sie haben recht

es wird höchste zeit
wieder nach vorn zu schauen

gehen wir’s also an

bringen wir es zum ende

 

 

 

Nigel Stanford – automatica
youtube.com/watch?v=bAdqazixuRY

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 465

je näher sie ihr kamen
desto stiller wurden sie

nicht nur weil man
beim hinaufsteigen
außer atem geriet

 

 

Der Schneemann:Serenade/Erich Wolfgang Korngold
youtube.com/watch?v=nqoAsxap97s


pics & words: © paulson

 

 

burg 464

das rechnende auge
hatte keinen blick
für das schöne
und verließ sie
mit einem datensatz
von verwertbarem
während der träumer
noch die gefühle sortierte

 

Matthieu Saglio (Qautett) – bolero triste
youtube.com/watch?v=pExzxLXfW24

 

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 463

wie die musik
hatte auch dieser ort
verzauberungskraft

er erweckte etwas in ihnen 
das es eigentlich nicht gab

sich dagegen zu wehren
war erstes ansinnen jener
die mit vernunft kamen

die anderen aber
ließen sich mitnehmen
von den hellen wellen
ihrer vorstellungskraft
in welchen ihnen dann
beglückendes widerfuhr

 

Boubacar Traoré – Hona
youtube.com/watch?v=wIGU11nopN0

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 462

hier im hellen
luftigen leichten
fast im himmel
fanden sie das alte
dunkle tiefe tierhafte
welches sie waren

 

 

youtube.com/watch?v=83iSUbgKFRA
Vincent Peirani – Enzo

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 461

die märchenburg im 21. jahrhundert

zugleich zeugin und sinnbild
für all das tief verborgene
erwünschte und erträumte 
welches wie alle erzählungen
des unvernünftigen sterblichen
im mainstream von information
wissenschaft und technik
so sträflich vergessen wird

 

Bach & Sons –Piano Concerto in E Major, Wq 14: I. Allegro – Sebastian Knauer
youtube.com/watch?v=3WrWqbjj7ds

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 460

nach dem schweißtreibenden
aufstieg durch den burgenwald
gelangten die gegenwärtigen
über die schneckelige spirale
in die langsamkeit von einst

 

youtube.com/watch?v=MxKacG5aVow
Bach & Sons – Piano Concerto in E-Flat Major, Op. 7/5: II. Andante -Sebastian Knauer

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 459

es waren die großen erzählungen
welche aus ihnen das schönste
und das hässlichste hervorholten

mit fakten und forderungen
konnte man sie nur vertreiben

ob diese erzählungen
der wahrheit entsprachen
tat nichts zur sache

jede einzelne seele
beherbergte eine eigene

so gesehen war auch dieses bauwerk
nichts weiter als eine art material
aus dem sie eine erzählung formten

 

 

Fatoumata Diawara – Nterini | A COLORS SHOW
youtube.com/watch?v=2sBqMBEehIs

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 458

obsessive gewaltmenschen
die keine grenzen respektieren
hat es schon immer gegeben
und es wird sie immer geben

in allen lebensbereichen
sind sie das eine prozent

die den neunundneunzig
den frieden bekriegen

 

youtube.com/watch?v=xZf9svkQRZM
mogwai -boltfor

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 457

hier oben konnte man 
spielende kinder antreffen
die erwachsene waren
traumfiguren
die leicht entrückt
und eher einzeln standen

 

J.S.Bach – Sonatas & Partitas for Solo Violin – Patrick Bismuth
youtube.com/watch?v=JU6a-4gqOmM

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 456

so wie der mensch selbst
ist auch die technik an sich gut

das ist nicht die frage

doch irrsinnig und abstoßend
all die angeblich alternativlosen
motive begründungen und anwendungen
für die vergrößerung der technischen macht
deren stabilisierung durch immer zahlreichere
und alles umfassende apparaturen erzwungen wird

der globale maschinen-imperialismus unserer tage
ist der endgültige schritt in die diktatur der technik
im schönen schein von demokratisierung und fortschritt

keine andere herrschaftsform in der geschichte
hat je mensch mitgeschöpf und natur derart total unterworfen
wie die fragwürdigen hervorbringungen angeblicher genies

kein adelsgeschlecht kein regent oder alleinherrscher
war jemals so übermächtig gnadenlos zerstörerisch

zu behaupten wir hätten die technik im griff
ist ein wirklichkeitsferner irrglaube

 

music:

Wintergatan -Marble Machine
youtube.com/watch?v=IvUU8joBb1Q

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 455

 

so ein bild
von einer burg
auf einem berg
aus alten tagen
wärmte ein wenig
im kalten gewusel
der plastikzeit

 

youtube.com/watch?v=cT0weEULYE4

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 454

erbaut aus stolz und stein
thronend unter flüchtigen
stand sie einer krone gleich
als ein zeichen aus alter zeit
am preußischblauen morgen
im geschrei des neuen tages

 

youtube.com/watch?v=83iSUbgKFRA

 

pics & words: © paulson

 

burg 453

die der arbeitsgemeinschaft entstiegenen
fanden sich mehr oder weniger begeistert
in den himmlischen märchenwelten wieder
ganz ohne 3-d stimulation standen sie
mit den füßen auf dem burghofpflaster
umringt von türmen und träumen

ob ihnen nun flügel wuchsen oder nicht
war bereits in ihnen angelegt

manche blieben lieber auf dem boden
tranken ein bier oder vier
und flogen dann auch berauscht
wieder den burghang hinunter

 

youtube.com/watch?v=mSSAOz5Ow4U

 

pics & words: © paulson

 

burg 452

die weitreichenden folgen
von wille und
vorstellungen
absichten und entscheidungen

des hohenzollerngeschlechts
hat sich jahrhundertelang
ins kollektive gedächtnis
der deutschen eingebrannt

zu behaupten sie sei unecht
ist so falsch wie falscher
etwas kaum sein kann

hohe kunst ist sie wohl nicht
aber zu sagen sie sei kitsch
ist ganz einfach quatsch

weil sie ein symbol
und die geburtsstätte
einer mächtigen gruppe
von leuten darstellt
die unser aller wesen
bis zum heutigen tag
nachhaltig mitbestimmt

 

youtube.com/watch?v=PwV1-wZzT1Y

 

pics & words: © paulson 

 

burg 451

liebende zog es schon immer zu ihr hin

war es die hoffnung auf beständigkeit
der glaube an ewige leidenschaft
die höhe das helle das himmlische

oder doch nur die kulisse
fürs foto auf dingsdagram

 

youtube.com/watch?v=asEvOKzUSW8

 

pics & words: © paulson 

 

burg 450

in einem land
wo eine rädermaschine

zum götzen mutieren konnte 

der rasenmäher ist nicht gemeint
wenngleich am zweitheiligsten 

in so einem apparateland
wird man doch wohl noch
eine märchenburg anhimmeln dürfen

 

youtube.com/watch?v=skizkiUkM6E


pics & words: © paulson

 

burg 449

egal ob man sie nun als gefühlsbooster
langeweilebeseitigerin studienobjekt 
hochzeitsburg betriebsausflugsziel 
eventplattform
aussichtspunkt 
spielfilmkulisse konzertbühne
etc pp nutzte

sie ließ alles mit sich machen

stein war ein geduldiges material

 

youtube.com/watch?v=QHjlnn8lKqk


pics & words: © paulson 

 

 

burg 448

als die mutmaßlich erste burg 1423
durch die schwäbischen reichsstädte
nach langer belagerung zerstört wurde
war diese welt noch eine andere
und doch gab es auch vor 600 Jahren
bereits denselben menschen
mit all seinen sorgen und ängsten
angetrieben von wünschen und plänen
aus dem wissen um sein sterbenmüssen

und damals wie heute gab es jene
die sich mit brutalität und gewalt
gegen die anderen durchsetzten
und solche die sich einreihten
weil sie sich schützen wollten
oder zugehörigkeit suchten

dieser tierische anteil in seinem wesen
gehört wohl so maßgeblich zum menschen
wie seine fähigkeit zu friedfertigkeit und kultur

wer dieses animalische wie auch immer beseitigt
schafft damit auch den homo sapiens ab

 

youtube.com/watch?v=eOfDwzA7Tng

 

pics & words: © paulson 

burg 447

unten rasten rädermaschinen
oben zischten flügelkisten

die stille der pandemie  
war längst geschichte

das sehnsuchtsgeile alphatier
begnadeter weltzerstörer

malte seine gelbe lebensgier
als streifen ins firmament

 

 

youtube.com/watch?v=PeIAPctjmUM

 

pics & words: © paulson 

 

burg 446

schauen sie nicht zu wie andere es tun
spielen auch sie eine prinzenrolle

wohnen mit burgblick

bauen sie den traum vom glück

jeden tag prinzessin sein

 

youtube.com/watch?v=ON47MMtr7Uw


pics & words: © paulson 

 

burg 445

was macht ein mensch
der noch nicht laufen kann
diese hilflose frühgeburt

er strampelt und krabbelt
ein paar monate lang
dann endlich läuft er los
und erobert sich die welt

manche werden dabei
königin oder deutscher kaiser
diktator oder mutter teresa

weshalb einer wird was er wird
und nicht was ganz anderes 
bleibt ein schönes geheimnis

eines ist aber ganz gewiss

alle haben sie klein angefangen

 

youtube.com/watch?v=fHOYnHiAcic

 

pics & words: © paulson 

 

burg 444

nach dem großen regen
in den wolken verborgen
stand sie sehr verloren
über dem weltgewühl

die menschendinge
auf der wuselkugel
waren aus den fugen 
es herrschte krieg
gegen mutter natur
und gegen menschen
ganz in ihrer nähe
was sie erschreckte
und viele fragten sich

was nun werden sollte

glücklich wieder jene
die nicht mitfühlten

 

music clip:

youtube.com/watch?v=SfrU_8DfOV4


pics & words: © paulson

 

burg 443

ohne die mittelalterschwärmereien
des jungen friedrich wilhelm IV
hätte es das romantische traumschloss
sehr wahrscheinlich niemals gegeben

der gutmütige preußische könig
der von einem einzigen teutschland
ohne republikanische umtriebe träumte
der huldigungen seiner person liebte
und aufwendig in szene setzten ließ
hatte unter dem zunehmenden druck
der immer selbstbewussteren untertanen
die erbmonarchie noch einmal gerettet
indem er einer verfassung zustimmte
und in der beginnenden demokratisierung
der teutschen lande auf einen teil
seiner machtbefugnisse verzichtete

die wiedereinweihung des stammsitzes
der hohenzollern am 3. Oktober 1867

erlebte der bereits 1861 verstorbene
rührige schöngeist dann nicht mehr

 

youtube.com/watch?v=-h2l2ct1VK0

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 442

kinderaugenverzückung
gab es nur mit dem naivem blick

glücklich wer ihn noch hatte

 

music-link:

youtube.com/watch?v=tEcjxsu6D0k
(z.B: 3-fach-click auf link, dann re Maustaste>zu youtube wechseln)

 

pics & words: © paulson

 

burg 441

die welt war voller künstlicher reize
die sie davon abhielten
das  tatsächliche zu erkennen 

kurz hinschauen half da aber nicht
man musste sich auch die zeit nehmen
es zu spüren

 

youtube.com/watch?v=IjYs00S_HZg

 

pics & words: © paulson 

 

burg 440

im drang des sterblichen
in den himmel hinaufzufliegen
gar den weltraum zu erobern
offenbarte sich sein verlangen
der irdischen gefangenschaft
auf magische weise zu entfliehen
so federleicht und schwerelos 
wie ein göttlicher vogel zu sein

wer sie von weit unten
dort oben schweben sah
auf dem alten zeugenberg
den zog es nicht zuletzt
aus diesen tiefen gründen
magisch in die höhe

dann war sie keine burg mehr
dann war sie ein zeichen
und mehr noch ein versprechen
von himmlischer unsterblichkeit

 

youtube.com/watch?v=AwJn72PZ8Xw

 

pics & words: © paulson 

 

burg 439

das alte an ihr
war nicht das gemäuer
es kam von unten
aus dem berg
auf welchem sie stand

 

youtube.com/watch?v=pIMKYryXHzg

 

pics & words: © paulson 

 

burg 438

das herz strebte burgwärts
der kopf wusste nicht so recht
ob er da mitwollte

 

youtube.com/watch?v=bdneye4pzMw

pics & words: © paulson 

 

burg 437

der mons solaris war ihr ursprung
der erfolg der hohenzollern das ergebnis
von zufall wille zur macht und einem kalkül
welches sich durch dominanz zugeständnis
und rohe gewalt manifestierte

als die zeit reif war führten schließlich
unfähigkeit und welttheater zum niedergang
des alten herrschergeschlechts
in ein deutschland das nach staatsterror und chaos
mit hilfe und durch interessen dritter wiedererstand

was von der dynastie am ende übrig blieb 
waren neben geschichtlichem und prägendem
die preußischen kunst- und kulturschätze

aus der zeit von herrschaft und leibeigenschaft

die dritte burg war ein solches überbleibsel
und zu ihrer erhaltung für alle geöffnet

 

youtube.com/watch?v=BBeXF_lnj_M

 

pics & words: © paulson 

 

burg 436

natürlich war der mensch nicht nur vernünftig
auch wenn er sich eifrig darum bemühte
vor den anderen den anschein zu erwecken

das augen- und nasentierchen homo sapiens
dieses raffinierte selbstberauschungswesen
befand sich fortwährend auf der suche
nach glücksmomenten und hochgenüssen

 

youtube.com/watch?v=NEOBjYT2tCA

 

pics & words: © paulson 

 

burg 435

von der spitzte des zollerbergs
wehten 1000 jahre burggeschichte

es war die erzählung
von mensch und macht
aufbau und zerstörung 
bedeutung und vergessen

 

youtube.com/watch?v=cZ1icOc8N5M&list=RDEMZYvteCm7YgO-RtmsBuUEuA&index=8

(© Bob Dylan – Ende: Easy Rider)

 

pics & words: © paulson 

 

burg 434

flüchtig und leicht
die wolken die menschen die jahre
die steine aus welchen sie erbaut

 

youtube.com/watch?v=qInwAr-30LA

pics & words: © paulson 

burg 433

wer sie besuchen kam
aus der moderne heraus
und dieses gefühl hatte
es sei etwas verloren gegangen
der erlag wohl einer täuschung
einer manipulation der seele

umso schlimmer dass es einen
immer wieder zu ihr hinzog

weiß der geier warum

 

youtube.com/watch?v=3j9eD7-twqc

 

pics & words: © paulson 

 

burg 432

 

wer sie liebt
findet sie schön

wer sie studiert
findet sie spannend

wer sie nicht sieht
findet sie nicht

 

youtube.com/watch?v=2lhxvpmldek

pics & words: © paulson 

 

burg 431

die grenze zwischen männlichkeit und verrohung
war schon immer ein recht schmaler grat
und die geschichte der sapiensmännchen  
eine unendliche kette von grausamkeiten

jene die sie befahlen und begingen
kamen sinnbildlich allesamt aus burgen
mit ihren sentimentalen wahrheiten 
und ihrer sprachlosen angst

 

youtube.com/watch?v=hQ_ccgOkJdI

pics & words: © paulson 

 

burg 430

die kunst bestand darin
sie zu etwas zu machen
das sie nicht war


youtube.com/watch?v=GA9_QJAhr8Q

 

pics & words: © paulson 

 

burg 429

gleich nach der sonne
war sie das schönste bild
an seinem firmament
wenn noch schnee dazukam
war es das paradies auf erden

manche hielten diese worte
wohl für übertrieben 

es kam aber darauf an
in welchem zustand
es einem geschah

eigentlich nur

 

youtube.com/watch?v=MjMJ41PYRKM

 

pics & words: © paulson / music: youtube

 

 

burg 428

helden 
leben in burgen

nur hier finden sie
ausreichend schutz
vor der auflösung
ihrer selbstherrlichkeit

 

youtube.com/watch?v=Hnt8M_80udo

 

pics & words: © paulson / music: youtube

 

 

burg 427

die wünsche
wuchsen nicht in den himmel

bei ihr war er sich da aber
nicht so ganz sicher

 

www.youtube.com/watch?v=C9WH_xoSzy4

 

pics & words: © paulson / music: youtube

 

 

burg 426

schon bald wird ein auto kein auto mehr sein
so wie die schreibmaschine keine mehr ist
milchkanne telefonzelle postfiliale handschrift
umgangsformen udo jürgens balkongeranien 

alles aus der zeit gefallen oder so gut wie

aber so eine alte rittermärchenträumeburg
die wird doch wohl ganz sicher und immer 
eine alte rittermärchenträumeburg sein
auch in den digitalen virtuellen welten
und was noch so alles kommen mag

oder

 

youtube.com/watch?v=EOwZ1xu7suE

youtube.com/watch?v=nIXrBV1idKc

 

pics & words: © paulson / music: youtube

 

 

burg 425

je mehr sie ihn herunteratomisierten
in seine kleinsten bestandteile
und ihn mit diesem wissen
technisch in bewegung setzten
umso mächtiger wuchs dem menschen
der wunsch nach einer erhabenen idee
einem unantastbaren großen und ganzen
einer umfassenden bedeutung seines seins

natürlich fand er diesen sinn
im ästhetischen und im mythischen

das bild einer mittelalterlichen burg
taugte da ganz gut für den einstieg

 

youtube.com/watch?v=TLOrt63CbIE

 

pics & words: © paulson / music: youtube

 

 

burg 424

burg sein
schien nicht so übel
wenn man bedachte
dass wehrlos sein
das gegenteil war

 

youtube.com/watch?v=YpcvDhvPSYs

 

pics & words: © paulson / music: youtube

 

 

burg 423

Datenschutz und info music clips > burg 393

sie kamen aus der unterwelt
ihrer seelenbergwerke

hinauf in die luftige höh’
und fanden doch nur
ein labyrinth aus stein

ihr feierliches fernegefühl
verloren sie in der nähe
an die ernüchterung 

 

youtube.com/watch?v=ngjEVKxQCWs

youtube.com/watch?v=dpB2nRpCuVk

youtube.com/watch?v=kSEQcitQNO4

youtube.com/watch?v=dOHiI_5yycU

pics & words: © paulson / music: youtube

 

 

burg 422

drohnen
sportflugzeuge

tollkühne kerle
in dröhnenden kisten
moderne eindringlinge 
und zerstörer des friedens
den sie den leisen schenkte

 

youtube.com/watch?v=JGPak_RTNw8

 

pics & words: © paulson / music: youtube

 

 

burg 421

traumartig thronte sie
über einer wirklichen welt
von dingen zahlen und taten

es zog sie zu ihr hin
als wäre sie das wahre

seltsam dieses

 

youtube.com/watch?v=o9IbUJSCkOg

 

pics & words: © paulson / music: youtube

 

 

burg 420

 

vielleicht verhielt es sich ja so

jene die unter der hässlichkeit
des technisierten kapitalismus litten
suchten sich etwas schönes
die verhärteten seelen zu trösten

und sei es ein von technikern
mit viel kapital erstelltes gemäuer

der mensch war nicht logisch

 

youtube.com/watch?v=2bx9vTF8x2s

 

pics & words: © paulson / music: youtube

 

 

burg 419

hier hatten menschen versucht
jene vollendung nachzuahmen
welche die baupläne der natur
in allen farben
und formen
so mühelos in szene setzten

dass sie es fertigbrachten
durchaus in die nähe  
der wunder zu gelangen 
machte dieses bauwerk
zusammen mit dem standort
so besonders einzigartig

 

youtube.com/watch?v=dMHLHu5oMnc

 

pics & words: © paulson / music: youtube

 

 

burg 418

sie kamen mit der illusion
die sie wahrheit nannten
recht gut durch ihre leben

jeder hatte eine andere
und so hatte auch jeder 
seine ganz eigene burg

 

youtube.com/watch?v=EV6ePkzw7gI

 

pics & words: © paulson / music: youtube

 

 

burg 417

auch kultur war ein grundnahrungsmittel

das erfuhren die menschen in der krise
als kunst- und spielstätten geschlossen blieben

da war es tröstlich dass die erhabene
so museal und schön auf dem berg stand
in jedem licht anders und immer besonders

ein hofnungsschimmer in düsteren zeiten

 

youtube.com/watch?v=fKwmNOBo0tk

 

pics & words: © paulson / music: youtube artists

Hinweise:
–  Fotos können durch Vergrößerung bzw. Verkleinerung (strg+ bzw strg-) “scharf gestellt” werden.
–  Worte und Musik haben meist keinen inhaltlichen Zusammenhang.

 

 

burg 416

hinter der prächtigen fassade
waren die dinge nicht mehr
ganz so großartig

das galt für die burg
wie für die erbauer
und es stimmte 
für jede und jeden

 

youtube.com/watch?v=UVyIfg6CQAQ

 

pics & words: © paulson / music: youtube

 

 

burg 415

die der großen bedeutungen beraubten
erhofften sich vom träumegemäuer
eine wiederkehr des alten zaubers

siegerglanz ruhm und nation
passten aber so gar nicht mehr
in die von krieg und konsumwahn               
zur errettung verdammte welt           

so genossen sie statt der heiligkeit
unter der geschwellten heldenbrust           
den ganz privaten sehnsuchtszauber

und die atemberaubende aussicht

 

youtube.com/watch?v=PziN1giW0xE

 

pics & words: © paulson / music: youtube

 

 

 

burg 414

immer bewegte sich der mensch
zwischen sachlichkeit und sinnlichkeit

man konnte sich die burg erklären lassen
erspüren musste man sie aber ganz allein

ob man hinterher gut informiert ins auto stieg
oder eher beseelt nach unten schwebte
war wirklich nicht vorherzusehen

 

youtube.com/watch?v=cXZOMccBuLg

 

pics & words: © paulson / music: youtube

 

 

burg 413

die technokraten
die militaristen
die romantiker
die monarchisten

egal aus welcher
prägeanstalt
sie kamen
alle kamen sie
auf ihre kosten

und alle
übersahen sie 
all das andere
was dieser ort
sonst noch war

 

youtube.com/watch?v=pYdvxBxHX2U

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 412

burgenmenschen
das schreien das aus ihnen kam
konnte man nicht immer hören
doch zu sehen wars in jedem fall

 

youtube.com/watch?v=dEiKo_HSldM

 

pics & words: © paulson / music: youtube

 

 

burg 411

wer sie kitschig fand
lag natürlich daneben
und hatte total recht

 

www.youtube.com/watch?v=MlMVagn-ZJw

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 410

als das neuartige virus
durch die welt zog
wurden alle zu burgen

da war plötzlich viel zeit
zu verstehen was wichtig
und was der mensch war

vor allem der eigene

als dann auch noch
der krieg europa erreichte
war man einmal mehr
im mittelalter gelandet 

und der verlorene frieden
gewann über nacht
einen unschätzbaren wert

über allem ruhte die burg

sie hatte schon vieles erlebt

 

youtube.com/watch?v=TLV4_xaYynY

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 409

Datenschutz und info music clips > burg 393

früh schon baute er
sich seine festung

gegen das innere

so blieb er
uneinnehmbar

solange er atmete

 

youtube.com/watch?v=URflja3pE3Q

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 408

der mensch

so unergründlich
wie die geschichte
dieses ortes

 

youtube.com/watch?v=bC3Chh5x3VE

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 407

romantik war kontrollierter kontollverlust

man begab sich in eine märchenburg
oder sonst wohin
blendete das faktische aus
und ließ sich mitnehmen
hinein ins mystische

 

youtube.com/watch?v=63873TOc19s

 

pics & words: © paulson 

 

burg 406

er liebte es durch die wälder
in ihrer umgebung zu streifen

immer wieder tauchte sie dort
zwischen den bäumen auf
und jedes mal war ihm dann
als würde er sie neu entdecken

zu ihr nach oben ging er selten
er mochte sie mehr aus der ferne

 

youtube.com/watch?v=7jeuSNx_vDM

youtube.com/watch?v=Yq8yjF4W_6c

 

pics & words: © paulson / music: youtube

 

 

burg 405

 

vor der blauen wand 
erhob sich die burg
der blaublütigen
und unten im tal
zog das blaue band
mit dem frühlingsblues
der sehnsuchtsblauen
durchs schwäbische land

 

youtube.com/watch?v=0Sm6qAOhES0

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 404

wenn das gestirn aus ihr emporstieg
hatten die romantiker
ihren schönsten moment

diesen süßlich zu nennen
wäre ihnen nie im himmel eingefallen

 

youtube.com/watch?v=X_tB6cTKVTM

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 403

das gemäuer war in die jahre gekommen
und wurde von baugerüsten verziert

dass es sich bei ihr schon immer
um eine baustelle gehandelt hatte
wussten vor allem die handwerker
und jene die sie bezahlen durften

 

youtube.com/watch?v=ymRnuhrAp8k

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 402

auch für die rabenvögel schien es
ein ganz besonderer tag zu sein

wieder und wieder flogen sie
von hier zur burg und zurück
die zweibeiner auf dem felsen
die flügelwesen in den lüften
das märchen auf den wolken
darüber ein tiefblauer himmel

wenn das nicht kitschig war
was dann

 

youtube.com/watch?v=12MfkX9u_l8

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 401

das burg-ethos 
so alt wie der mensch
schutz und macht
das verstand doch jeder
im kleinen wie im großen

 

youtube.com/watch?v=FJ2QENfYKMM

youtube.com/watch?v=ZFwSjgC8Cr4

youtube.com/watch?v=w9d6oHio4B8

youtube.com/watch?v=NxquuedkKaM

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 400

im romantizismus in allen seinen formen
nicht zuletzt auch im burgen-tourismus
zeigte sich die abkehr vom mainstream
der den menschen zum konsumenten
entwertet und entfremdet hatte

die bedeutung oben auf dem berg
mochte noch so fragwürdig sein
sie zog ihn doch in ihren bann
und er ließ sich gerne ziehen

es war eine rätselhafte hingabe
die sich aus der uneigentlichkeit
und der endlichkeit des seins erklärte

 

youtube.com/watch?v=lAadPcBYc74

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 399

Datenschutz und info music clips siehe burg 393

jede seelische berauschung war ein glaube

ohne ihn wäre der mensch gar kein mensch

jeder hatte ihn
auch jene die glaubten sie seien ungläubige

ohne gefühlsbewegtheit kam keiner durchs leben
ob es nun das theater die musik der sport
das haustier das kochen oder die technik war
die politik eine mittelalterliche burg
oder irgendein anderes medium
der sapiens konnte gar nicht anders
er lebte geradezu von seelennahrung

soul food aus allen bereichen des lebens

jeder war gläubig auf seine eigene art
und jene die abstritten es zu sein
machten diese abwehr zu ihrem glauben

dabei ging es ihnen nicht um wahrheit
wenn sie jeweils behauptet wurde
es ging um das einzig wahre gefühl

dass man leicht den überblick verlor
über den eigenen menschen
und was der so alles glaubte
merkten viele wohl gar nicht
und verrannten sich immer tiefer
in die behauptungen über das wahre

klar ging es dabei wie immer 
auch um status und anerkennung
in erster linie aber drehte sich alles
um das sich-selbst-mögen-können


sollten dieses behauptungen zutreffen

so stellte sich doch zwangsläufig die frage
wie es den verantwortlichen eines gemeinwesens
angesichts eines andauernden gefühlsfeuerwerks
von meinungen vorstellungen und befindlichkeiten
gelingen konnte den laden zusammenzuhalten

denkbar und möglich wurde das überhaupt nur
weil den allermeisten leuten einleuchtete
dass sie ihre ganz privaten gefühlsregungen
den gemeinschaftlichen vernünftigen zwecken 
unbedingt unterzuordnen hatten

immer häufiger aber erlebte man in diesen zeiten
wie die menschen ihren verstand dafür gebrauchten
ihre emotionen in pseudowahrheiten zu verwandeln
lichtjahre entfernt von jeder nüchternen vernünftigkeit
ohne die ein gemeinwesen nicht existieren konnte 

wenn aber ein mensch gar nicht erkannte
dass es sich bei seinen gefühlsanwandlungen
um eine vererbung eine prägung eine liebhaberei
eine marotte oder einen dachschaden handelte
wenn er folglich nicht verstehen konnte
dass seine emotionale privatsache
niemals eine forderung an alle sein durfte
so fehlte es diesem unvernünftigen menschen 
an der voraussetzung fürs zusammenleben

und wenn sich solche emotional überladenen
dann auch noch brüsteten und aufrüsteten

so war das einerseits gewiss eine logische folge
ihrer abstrusen anschauungen und erwartungen 

andererseits aber auch vollkommen unerträglich

 

youtube.com/watch?v=oZkAUp03HFw

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 398

wie jeder mensch
so war auch sie
nur eine kleine figur

im großen welttheater

 

www.youtube.com/watch?v=A34eR7vhzLI

www.youtube.com/watch?v=ADlpOcEpsQA

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 397

kein schwein weit und breit
genoss eine solch grandiose aussicht
auf den stammsitz der hohenzollern
wie borsti der domestizierte keiler
vom hauserhof beim schloss lindich

dass er aber um einiges lieber
in seiner warmen suhle lag
als in die ferne zu schweifen
verstand sich von selbst

 

youtube.com/watch?v=dJzJnaTW5V8

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 396

wer nicht mit der seele
in verbindung stand

gefiel sich oftmals darin
deren existenz zu leugnen

denn er glaubte nur
an das sichtbare

die burg war diesen leuten
ein technisches bauwerk

im kontext der geschichte

auf dem seelischen auge
waren sie sozusagen blind

sah man sie nur mit dem gefühl 
war man ebenfalls ein einäugiger

der schwierige begriff geist
bezeichnete wohl am besten
das dasein des menschen
in beiden dimensionen

burggespenster waren damit
ganz sicher nicht gemeint

 

www.youtube.com/watch?v=C6RXWXtwa84

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 395

Datenschutz und info music clips siehe burg 393

gegen die entzauberung des lebens
im zeitalter der rationalisierung
setzte der romantiker auf dem thron
mit der dritten burg
den mythos des mittelalters

unten im tal legten sie da bereits
die schienen für die eisenbahn

 

www.youtube.com/watch?v=QSad3zG-nSk

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 394

Datenschutz und info music clips siehe burg 393

für die hohenzollern war die dritte burg
ein zeichen für die größe der deutschen

so kam sie gerade noch rechtzeitig
zur geburt der verspäteten nation

 

www.youtube.com/watch?v=aRtojSdgtAI

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 393

schon vor jahrhunderten
kamen wunderwillige seelensucher
als besucher auf die zweite burg 
frühe abenteuertouristen
die aber vor allem anderen
habsburgische soldaten vorfanden
die bis zum beginnenden zerfall
dort oben die stellung hielten

angeblich blieben die österreicher
nach ihrem geordneten abzug 

dann noch bis zur errichtung
der dritten burg
als ruinengeister 

erst das getöse der großbaustelle
hatte sie wohl endgültig vertrieben

 

Hinweis:

Aus Datenschutzgründen kann ich die youtube-videos zukünftig nicht mehr als aktiven Link einbinden, sondern nur noch als Adresse. Wenn Ihr den Clip sehen und hören wollt, müsst ihr ihn also kopieren und bei eurem Browser einfügen.

Zudem hab ich alle Paulson-Beiträge von 2006 bis zum zum 20.2.20 (burg1) deaktiviert. Die Musik-Videos von burg 1- burg 392 werden im Laufe der nächsten Tage gelöscht.

Meine Fotos und Burggedanken wird es noch eine Zeitlang geben.

Vielen Dank für Deinen Besuch auf dieser Seite.

Paulson

www.youtube.com/watch?v=xyUqkOc5d6Ir 

www.youtube.com/watch?v=kkq_X8jeqs4

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pics & words: © paulson 

 

 

burg 392

wer sie aus der ferne besuchte
machte sicherlich nichts falsch
weil die erfüllung des wunsches
zugleich sein ende bedeutete

 

pics & words: © paulson

 

burg 391

so mancher
der sich beim blick nach oben
hinter ihre mauern geträumt hatte
kam sich beim tatsächlichen besuch
beengt mitunter eingeschlossen vor

alles war ganz anders als erwartet

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 390

wer die menschliche dummheit unterschätzte
machte einen entscheidenden fehler

es gab sie allüberall
selbst auf diesem märchenberg
und bei den aus ihm entsprungenen

ein trost war dass der mensch
wenn er denn konnte und wollte
auch über das gegenteil verfügte

er hatte es gewiss schon bewiesen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 389

wenn da was war
was sonst nicht war
so war das sonderbar

denn wenn was war
was sonst nicht war
dann war das ding
das sonst da war
nun nicht mehr da

weil dann das auge 
nur noch sah
was sonst nicht war 

der rote punkt
und das war klar
war sonst nicht da

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 388

klar konnte man
die stürmischen gefühle
der romantik belächeln

aber wer hätte bestreiten können
dass die menschliche existenz
unterm strich irrational war

so ein sinnloses träumegemäuer
war letztlich menschenwerk
wie eine autobahnbrücke

nur eben viel schöner

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 387

wenn unsere seele sich rührt
beim anblick von schönem
beim anhören von musik
beim lieben und geliebt sein
dann werden wir wohl
jenes warme in uns spüren
aus dem wir einst kamen

 

pics & words: © paulson

 

burg 386

in burgen
sich verbergen
hinter mauern
ängstlich lauern
auf gefahren
die erdachten
und die wahren

hoch oben im wind
das zornige kind

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 385

mit ameisenfleiß erbauten architekten handwerker
und arbeiter das majestätische zollernschloss 
zu einer zeit da es noch könige und vaterländer gab
und das kraftvoll anbrechende maschinenzeitalter
die menschen auf ganz neue weise beherrschte

zwei verheerende kriegskatastrophen 
und noch eine industrielle revolution später
kamen die vom joch der herren befreiten
und bienenfleißigen globalisierten weltbürger 
um sich im digitalen maschinenzeitalter
ein wenig seelentechnisch zu boostern

als er sich das so vorstellte
und dabei zu ihr hochschaute
fragte er sich ob ihnen denn
das romantische wesen
jemals auszutreiben war

er hielt es für denkbar
und stellte sich apparate vor
die das gehirn des sapiens
komplett umprogrammierten 
und wieder neu aufspielten

die burg würden sie dann abreißen
um dort die statue des großen PYHAP
dem von maschinen errechneten
idealen weltführer zu errichten
der es im jahr 2031
als erster verstanden hatte
dass es nicht mehr darauf ankam
ob die menschen gleich und frei waren

nach PYHAP sollten sie alle und immer
ganz und gar glückselig sein 

nichts mehr und nichts weniger

so strömten die vom lebenskampf befreiten 
fortan nach oben zum geliebten götzendenkmal

und wenn sie nicht gestorben sind
dann lächeln sie noch heute

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 384

erst das drumherum
die einbettung in die welt
schuf jene gesamtheit
die wir als bild begriffen

dennoch hielten viele
die sie erblickten
zum allersten mal
sie für ein luftschloss

 

pics & words: © paulson 

 

burg 383

dass man sich halbwegs sinnvoll
über sie verständigen konnte
lag am gemeinsam erlernten

an formen begriffen fakten
und all den anderen

kategorien des verstehens

was aber nicht bedeutete
dass man auch dasselbe
darunter verstand

 

pics & words: © paulson

 

burg 382

wer sie so schön stehen sieht
am himmelblauen sonnentag
kann sich kaum vorstellen
dass sie mit allem anderen
auf dieser großen kleinen erde
um eben diese sonne rast
in jedem moment des seins
mit vollkommen unfassbaren
30 kilometern in der sekunde
in einem pechschwarzen raum
den wir rätselwesen zu begreifen
gewiss nicht in der lage sind 

ist das nicht märchenhaft
und gruselig zugleich

natürlich sind wir engel

was auch sonst

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 381

die vorstellungskraft
war eine grandiose sache

das freie fantasieren
gehörte unbedingt
zum menschsein

wer aber glaubte
ein urteil über etwas
abgeben zu müssen
der sollte sich zuvor
doch schlau machen

wenn er das nicht tat
so blieb seine einlassung
nichts als ein hinweis
aus dem reich der märchen

über die träumeburg
und die hohenzollern

kursierten deren unzählige

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 380

wer behauptete
sie sei so wie er sie sehe
der hatte natürlich recht
verkannte aber dass es im menschen
verschiedene arten des sehens gab

dieses einzuräumen
bildete den anfang jeder verständigung

 

pics & words: © paulson 

 

burg 379

es schien nicht ungefährlich 
zu behaupten alles sei ein traum

der mensch das leben diese burg

weil es den alltag nicht leichter machte

jedenfalls nicht für jene
die nicht zu träumen wagten

für die anderen schon

 

pics & words: © paulson

 

burg 378

es gab leute
die waren die vernunft in person

dass sie kein märchenschloss 
in ihr sehen konnten
wunderte da nicht

ein wenig unvernunft
brauchte es schon

 

pics & words: © paulson 

 

burg 377

niemand hätte bestritten
dass ein nächtlicher traum
wunderliches erleben war

solches gab es zuweilen 
auch im wachen zustand 
wenn sie zum tagtraum bat

der ebenso ein rätsel blieb
wie die abenteuerreisen
des nachtschlafenden

 

pics & words: © paulson 

 

burg 376

in welcher verfassung man sie betrachtete
war von wesentlicher bedeutung

die inneren und äußeren wetterbedingungen
prägten die erfahrungen eines burgbesuchs

wie sonst hätte man verstehen sollen
dass jeder sie ganz verschieden sah
und anschließend über sie berichtete

natürlich galt das für jedes erleben

 

pics & words: © paulson 

 

burg 375

die von sachlichkeit beseelten verstanden nicht
die vom mythischen berauschten
und andersherum

da trafen an ein und demselben ort
zwei verschiedene welten aufeinander

 

pics & words: © paulson 

 

burg 374

wer nichts über sie wusste
machte aus dem schweigen der mauern
seine ganz eigene burggeschichte

 

pics & words: © paulson 

 

burg 373

sie stand so schön
so aufrecht auch

wie joséphine baker
weniger geschmeidig 
aber sehr viel älter

und beide waren
jede auf ihre art

wahrhaft erhaben

 

pics & words: © paulson

 

burg 372

wie der mensch 
so war auch sie und alles ein etwas
das im großen strom der geschichte
mitgerissen wurde für eine zeit
um schließlich darin aufzugehen

nur an frosttagen
schien die weltmaschine
stillzustehn

und in ihr der getriebene

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 371

gemeinsam mit den sternen
stimmt sie uns ehrfürchtig
in der schönheit des lebens
in der tragik unseres todes

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 370

sie war menschenwerk
und ihr bild grenzte an perfektion

solange man nicht dahinter schaute

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 369

es schien nicht so ganz klar zu sein
ob sie nun mit technik und konsum
freier lebten als in früheren zeiten
oder ob sie durch sie nicht sogar
in eine erneute leibeigenschaft
und innere fremde
hinein gerieten

was waren sie
und was wollten sie sein
in diesem einzigen leben

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 368 

es war die große gier der sapiens
die schönes und gutes geschaffen
aber letzten endes doch alles
zugrunde gerichtet hatte

diese art schien einen unerschöpflichen 
vorrat an plänen wünschen und träumen
unter der stolzen brust zu tragen

nur eine stunde lang – wenn überhaupt
waren sie zufrieden mit dem erreichten
und hatten dann gleich wieder
das nächste ziel im visier

im kleinen wie im großen
jeder ohne ausnahme
an jedem neuen tag

dass ihr ungeheurer antrieb dahinter
eine stets vorhandene unrast und sorge
existenzieller natur gewesen sein könnte
hätten sie scherzend von sich gewiesen

auch der besuch einer schönen burg
am rande des alten mittelgebirges
war teil ihres umsetzungseifers
vielleicht ein kleiner feiner
märchenhaft verpackter
doch letztlich nichts anderes
als eine der zahllosen unternehmungen
dieser niemals zum frieden gekommenen 
wundersam fremden erdenbewohnernart

 

pics & words: © paulson  

 

burg 367

viele sträubten sich gegen das konzept von s e e l e
doch war diese die alles bestimmende dimension

ihr ganzer lebensweg – eine einzige seelenreise

auch wer das bestritt wusste dass es stimmte
nur ärgerte er sich darüber

die begegnung des menschen mit der burg
bestand im grunde genommen darin
dass sich seine seele mit ihrer vereinigte
seine ganze geschichte mit ihrer
inklusive aller vorstellungen davon

welche kräfte da in ihnen walteten
entzog sich dem wissen der beseelten

wenn etwas derart unberechenbares
auf so unbekannte weise geschah
war ganz gewiss nicht vorhersehbar
was sich dabei ereignen würde

und dieses galt nicht nur hier

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 366

das beste im leben
gab es geschenkt

die liebe das lachen
viel andre süße sachen

und wolkenbilder zauberschön

 

pics & words: © paulson 

 

burg 365

prächtig die beständige
inmitten der vergänglichen
wie sie dort emporstieg
aus den schwarzen kissen

hinein ins helle hohe licht

 

pics & words: © paulson 

 

burg 364

sie brachten licht und schatten
weiß gold und dunkles grau
und malten zauberbilder
ins tiefe himmelblau

 

pics & words: © paulson 

 

burg 363

über ihr das fabeltier
beleuchtet wie ein lampion
dahinter die unendlichkeit
und all die vielen rätsel
deren lösung keiner fand

 

pics & words: © paulson

 

burg 362

manchmal war ihm
als flöge sie selbst
mit den wolken
mit dem wind

 

pics & words: © paulson 

 

burg 361

und wie sie so ruhte
inmitten der wolken
als teil der kulisse
für den flug eines vogels
da stand er und staunte
wie schön alles war

 

pics & words: © paulson

 

burg 360

wolkenkissen weich wie samt
gemalt von unsichtbarer hand
zerflossne goldne farben
im weiten himmelsmeer

 

pics & words: © paulson

burg 359

wie sie kamen sich verschoben
wie von geisterhand gezogen
und ganz oben flogen
federwolken wunderbar

 

pics & words: © paulson 

 

burg 358

aus heiterem himmel
umspielten sie herrlich
das märchengemäuer
im nirgendwo geboren
aufgelöst im nichts

 

pics & words: © paulson 

 

burg 357

vogelzug und wolkenflug
uralte geheimnisse
viel älter als der mensch
und rätselhaft nicht minder

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 356

wenn man sich die absurden auswüchse
des heutigen materialismus anschaute
die monströsen luxuskreuzfahrtliner
die black fridays und cyber mondays
die modeschauen der haute couture
und wie sie alle hießen
diese hochfeste des spätkapitalismus
dann war doch so ein besuch
des weihnachtsmarktes auf der burg
noch ein recht bescheidener vorgang

wenngleich es im zweiten pandemie-jahr
nur ein winterzauberspektakel sein konnte

 

pics & words: © paulson 

 

burg 355

die lage und überschaubarkeit
einer solchen höhenburg
wirkte auf die menschen
aus vielerlei gründen magnetisch

wohl auch weil ihr besuch
das abenteuer einer rückkehr
in die zeit der vormoderne anbot
ohne entfremdung durch gleichschaltung
von sprache und geschlechterrollen 

dies heute zu behaupten
war politisch inkorrekt
und einigermaßen explosiv

unbewusst aber war das alte
ein bedeutendes motiv
weshalb es sie so hinzog
in diesen mikrokosmos
eines künstlichen mittelalters

so brachte sie den seelen der besucher*innen
auch eine entlastung von der moral ihrer zeit

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 354

bei der sehnsucht handelte es sich
um eine der mächtigsten seelengeburten

hier hatten sie eine auf den berg gestellt
die ihresgleichen suchte

 

pics & words: © paulson  

 

burg 353

in gewisser weise
war jeder besuch
auf der märchenburg
eine art selbstexperiment
weil das royale gemäuer
etwas mit einem machte
das nicht vorhersehbar war

 

pics & words: © paulson 

 

burg 352

 

das pochende herz
dieser flüchtigste teil in ihnen
strebte hinauf auf die feste
wo es sich erdung erhoffte
und doch wieder luftige höhen 
und immer neue fragen fand

 

pics & words: © paulson

 

burg 351

sie war ein mekka für romantiker
ein magnet für digitalzeitwesen
in deren uralten seelen
die ewigen rätsel hausten

 

pics & words: © paulson

 

burg 350

im bann der burg
besangen sie
das ewige seelenweh

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 349

die im strom der zeit untergegangenen

sklaverei
kastratengesang

elfenbeinhandel
monarchien
und wie sie alle hießen

gab es leider auch heute 
nicht nur auf alten aufnahmen
in antiquitätenläden
und als sehnsüchte einiger

die welt schien zwar besser denn je
wenngleich weit entfernt von gerecht

aber so mancher testosteronkrieger
verwandelte noch immer 
sein tyrannen-gen in realpolitik
im großen wie im kleinen

die burg tangierte das wenig
sie war aus totem stein
und bot die perfekte illusion
einer friedlichen welt

 

pics & words: © paulson 

 

burg 348

seit mehr als hundert jahren stand sie nun
als eine burg ohne reich auf dem berg

die allgemeine monarchenaustreibung
hatte sie vom ursprung der großen dynastie
in eine edel-immobilie mit aussicht verwandelt

 

pics & words: © paulson 

 

burg 347

die einen die herrscher
die anderen die beherrschten

das war nicht schön
das war nicht gerecht
aber so war die zeit

mit basisdemokratischen dialogen
konnte man in den dunklen zeiten
interessen nicht durchsetzen

es galt das recht des stärkeren

dass die herrschenden herrschaften
aus den tiefen des mittelalters
ausgerechnet von hier kamen

machte diese neue alte burg
zu etwas besonderem

wenngleich sich die jahrhunderte danach
auch nicht als viel humaner erwiesen
war die alte zeit doch besonders grausam

da konnte sie noch so schön glänzen

sie hatte ganz schön viel dreck am stecken

 

pics & words: © paulson

 

burg 346

wer selbst aus dem mittelalter kam
durfte es auch nachahmen

das galt für die hohenzollern
aber auch für nachkommen
die aus der leibeigenschaft 
hervorgegangen waren

heute gehörte die burg allen

und das war auch gut so

 

pics & words: © paulson

 

burg 345


damals
als sie die särge friedrichs des großen
und seines vaters des soldatenkönigs
von der evangelischen christuskapelle 

feierlich nach sanssouci verfrachteten
da wurde die hohenzollernburg
noch einmal für einen moment
ins politische bewusstsein gerückt

auf den schienen der deutschen bahn
hatte der langsamste zug der welt
ausnahmsweise einmal vorfahrt
und für die an der strecke
salutierenden royalisten germaniens
bedeutete dieses datum im jahr 1990
ein zweites begräbnis der monarchie

schon tags darauf herrschte aber wieder
ruhe
im fleißigen teutschen land 

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 344

atmemberaubend
wie sie den himmel über der kaiserburg
mit einem netz aus künstlichen wolken
minütlich immer noch dichter zuzogen
die stolzen interkontinentalflugkapitäne
mit ihrer freudig erregten inselfliegerfracht

war das nicht auch eine form von größenwahn
eine stratosphärische selbstüberschätzung
eine anmaßung fast schon komischen ausmaßes

dass sie dabei glaubten es sei ein menschenrecht
setzte dem ganzen noch die krone auf

so thronten sie rasend über allem
schon beinahe im kosmischen
während unten die arten starben
schneller als man sie zählen konnte

sorgen machten sie sich – wenn überhaupt
allenfalls um die teure eigene haut

sie nannten das lebensqualität
und die ganz kühnen nannten es freiheit

neulich stand irgendwo geschrieben

lieber gott
vergib ihnen nicht
denn sie wissen genau was sie tun

viele fanden das lustig
es hatte schon tausende von likes

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 343

die fantasie schenkte ihnen jene kraft
welche die gestalt die sie waren
in den menschen umbaute
den sie mögen konnten
und die ein paar steinmauern
in einen märchenort verwandelte

was wären sie 
was wäre alles
ohne sie

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 342

so stand sie denn als ein denk-mahl
für den hunger nach dem verlorenen
und jene die sie besuchten und bestaunten
waren zeitreisende in die welt von gestern
auf der ewigen so menschlichen suche
nach dem augenblick so schön

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 341

wo konnte man denn noch
zu einem traumbild hochfahren
ganz ohne 5d-brille

 

pics & words: © paulson 

 

burg 340

burgenhaft
gefangenschaft
weggeschlossen 
vor den artgenossen

verharren im warten
als zentrum von allem
endlich ganz bei sich

umströmet von zeit

 

pics & words: © paulson 

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burg 339

hier oben gab es 
frieden und freiheit
derweil sie sich unten
zum tode strampelten

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 338

natürlich ging es um macht und besitz
die zeiten waren brutal und ungerecht

keine frage die burgen wurden verklärt
die menschen dachten sie sich schön

es musste eine art von trunkenheit sein

 

pics & words: © paulson 

 

burg 337

sein talent für royale begeisterung
hielt sich einigermaßen in grenzen

so hätte er liebend gern gewusst
wer die vielen beteiligten waren
die dieses denkmal errichteten

von den steinbrucharbeitern
über die fahrer und lasttiere
die handwerker und handlanger
bis hin zu jenen die den reichtum
der bauherren erwirtschafteten
und durch harte arbeit absicherten

aber diese art von burggeschichte
wurde ihnen hier nicht erzählt

 

pics & words: © paulson 

 

burg 336

während die nachgeborenen
mit ihren filspantoffellatschen
durch die royalen räume rutschten
und sich geschichten anhörten
über die royalen verstorbenen
erkannte er sich und die anderen
bereits als die engel von morgen

eine dame sprach wie ein automat
ihre stimme verklang ganz langsam
als er in die jahrhunderte eintauchte
und in seinen fantasien verloren ging

dann war die burgführung beendet
und er hatte wieder einmal 
so gut wie nichts mitbekommen

 

pics & words: © paulson 

 

burg 335

das märchengemäuer
war ein wunderbares biotop
für seelenlandschaftserkunder

hier konnte man entdecken
was es noch so alles gab außer
kronen klunker kaiser und könige

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 334

abgesehen von den touristenströmen
kamen die schlimmsten  Angriffe
in der neuzeit aus dem erdinneren

der zollerngraben war sozusagen
den zahn der zeit nicht mitgerechnet 
der einzige verbliebene feind

 

pics & words: © paulson 

 

burg 333

am abend tanzten nebel
um die stolzen türme
die rabenvögel flogen
laut und schnurgerade
zurück in ihren wald
und unten auf den straßen
kehrten menschen von der arbeit
heim in ihr geliebtes zollerland

es war november
die tage wurden kürzer
und
es roch nach schnee

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 332

verglichen mit den schätzen
der hohenzollern-dynastie
wäre das schöne bauwerk 
nur eine bescheidene burg
auf einem alten zeugenberg
der mittleren alb gewesen
vor sich hin bröselnd
im strom der zeit

hätte nicht hier die lange reise
des mächtigen herrscherhauses
ihren anfang genommen 

 

pics & words: © paulson  

 

burg 331

bei den preußischen herrschern
äußerte sich das romantische wesen
in der sehnsucht nach zeitloser größe

so war es sicherlich nicht ganz falsch
die burg hohenzollern
als eine art kunst
am großmachtbau zu betrachten

 

pics & words: © paulson 

 

burg 330

immer war er sich bewusst gewesen
dass er das glück der geburt
in der richtigen zeit gehabt hatte
sonst hätte ihn der zufall
manche nannten ihn schicksal
in eine der vielen monarchien 
oder diktaturen hineingesetzt
mit welchen sich abermillionen
von menschen herumzuplagen hatten

stand diese burg nicht auch als ein symbol
für fremdbestimmung und freiheitberaubung
für unterwerfung krieg elend leid und tod
für entmenschlichung und machtmissbrauch
für den totalen entzug elementarster rechte

wenn sie sie dennoch liebten
so hatte dies sehr mit ihren träumen
und ihrem ästhetischen empfinden zu tun

das weniger schöne interessierte sie nicht
in der ganzen fülle ihrer möglichkeiten
oder sie wollten es einfach nicht sehen

 

pics & words: © paulson 

 

burg 329

als er nach dem zweiten lockdown
den burgberg nach vielen monden
wieder einmal emporgestiegen war
leuchtete ihm das adelsgemäuer 
in einem ganz anderen licht

er kam sich zwergenhaft vor
unter den bronze-titanen
verloren auf dem roten teppich
in den gängen und räumen
der königlichen herrschaften
befremdet angesichts dessen
was sie ihm dort vorführten
die größe und die bedeutung
der preußen hervorzuheben

einzig ein seifenblasen-artist
vermochte ihn und die kinder
an jenem tag im oktober
ein wenig zu verzaubern

etwas musste geschehen sein 
mit ihr und ihm und der welt

nachdenklich verließ er den ort
und er fragte sich wie es denn nun
weitergehen sollte mit ihm und ihr 

 

pics & words: © paulson

 

burg 328

wenn sie die windungen
der schnecke hochstiegen

waren sie mit jedem schritt
beflügelter und bereiter
sich verwandeln zu lassen

ganz oben angekommen
standen und schauten sie 
sich fragend und wartend
was das verborgene
mit ihnen machen würde

 

pics & words: © paulson 

 

burg 327

wenn die frühe sonne
aus der morgenschönen stieg
geschahen manchmal kleine wunder

manche standen und staunten

 

pics & words: © paulson 

 

burg 326

sie selbst
bot nur die hälfte des spektakels

die andere ereignete sich
im kopf des betrachters

 

xpics & words: © paulson

 

burg 325

eigentlich
war sie ja mehr mineralisch

aber irgendetwas organisches an ihr
ließ ihre herzen höher schlagen

 

pics & words: © paulson 

 

burg 324

in der nacht schien sie
am himmel zu schweben…
als ein goldenes raumschiff
aus dem fernen mittelalter

 

pics & words: © paulson 

 

burg 323

immer schneller drehte sich
das leben der menschen
eine nachricht jagte die andere
nicht mehr zu durchschauen
die flut an informationen
nichts mehr fertiggedacht
immer neues verbreitet
niemand hatte mehr
den blick auf das ganze

und während sie unten 
mit worten und zeichen
nur so um sich schossen
stand sie auf dem berg
still und höhenentspannt
über dem datengeklingel 

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 322

einer krone gleich
hatte der romantiker unter den preußenkönigen
den prachtbau auf den kalkkegel setzen lassen
die spitzen der türme zackig nach oben strebend
in die tiefen der schwäbischen himmel

dies erhabene bild ließ keine zweifel
an der bedeutung des ortes aufkommen

für die hohenzollern
war es ihr heiliger herkunftsberg

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 321

ob man sie durch wissen entzauberte
oder sich von ihr verzaubern ließ
mit kindlichem blick
hing ganz davon ab
ob man als mensch mehr sachlich
oder mehr seelisch geworden war

 

pics & words: © paulson

 

burg 320

jede burg begann in einem steinbruch

man vermutete jedoch
dass die allererste zollernburg
direkt aus den weißen kalksteinen
des berges unter ihr gebaut wurde

die behauptung sie sei damals
direkt aus dem fels gewachsen
war also nicht ganz falsch

 

pics & words: © paulson

 

burg 319

ihre gestalt wirkte augenblicklich
auf den betrachter weil sie von jeher
im kollektiven bestand von urbildern
in seiner seele vorhanden war

 

pics & words: © paulson 

 

burg 318

jeder von ihnen
war so eine burg

den anderen sichtbar
und doch gut verborgen

 

pics & words: © paulson

 

burg 317

was waren die bauwerke des sapiens
verglichen mit den bauplänen der natur

doch von allen hilfskonstruktionen 
des mängelwesens mensch
war sie noch eines der ansehnlichsten

 

pics & words: © paulson

 

burg 316

ob man sich nun platon wagner
den oldtimer-traktoren-club
hip-hop oder die burg reinzog
war im grunde fast egal

sie alle waren verzauberungsmittel
gegen die allgemeine entzauberung 
in einer welt der einsen und nullen
und sonstiger errungenschaften

 

pics & words: © paulson 

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burg 315

selbst wenn sie im hellen lichte stand
war sie doch immer auch ein zeichen
für die dunklen mächte im menschen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 314

sie war poesie aus stein

 

pics & words: © paulson 

 

burg 313

wenn mensch satt war sicher und frei
machte er sich auf die suche nach schönem

viele fanden auf ihrer reise das burggemäuer

was sie dabei spürten blieb ihr geheimnis
aber man sah dass es ihnen gut ging
wenn sie wieder durchs tor kamen

 

pics & words: © paulson

 

burg 312

in der musik
war es manchmal
ein einziger akkord
der die seele ergriff

hier war es ein einziger blick

 

pics & words: © paulson 

 

burg 311

die verzauberung
die ihnen dort widerfuhr
kam nicht vom gemäuer

sie entsprang ihren seelen

auf wundersame weise
gelangten sie hier oben
in die nähe zu sich selbst

 

pics & words: © paulson 

 

burg 310

burgmenschen
verschlossen die seelentore
und träumten von eroberung

ob dann wirklich einer kam
war eher nebensächlich

es ging ihnen letztlich
um das sehnen selbst

 

pics & words: © paulson

 

burg 309

den großen kindern drunten im tale
war sie erinnerung und relikt
aus ihren jungen jahren

sie schenkte ihnen ruhe und trost
und so manch verträumter blick
fand den weg hinauf zur altvertrauten

 

pics & words: © paulson

 

burg 308

natürlich ging es auch hier um liebe

was denn sollte diese burg sein
wenn nicht ein akt der liebe
ein denkmal der schönheit
und dessen was menschen
in der lage waren zu erschaffen

es gab gar kein anderes thema
auf dieser welt als die Liebe
abgesehen von ihren gegenspielern
die allesamt sie alleine hervorbrachte

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 307

er schaute hoch zur wehenden preußenflagge
die anzeigte dass sich seine königliche hoheit
samt familie auf dem stammsitz befand

er sah ihn dort auf dem fahnenturm stehen
und hinaus ins weite land blicken
und er stellte sich vor
wie der thronfolger die welt betrachtete
und wie er sich fühlen musste
weil heute alle wie könige lebten
und prinzen der herzen sein konnten

dass sie frei waren und sein durften
was immer sie auch wollten 
fand er absolut in ordnung

aber tief in in ihm drinnen
wohnte doch die gewissheit
der einzig wahre zu sein

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 306

die musik
welche herunterklang
zog sie in ihren bann

viel mächtiger als worte

manchmal folgten sie ihr

oben angekommen aber
war sie verklungen

 

pics & words: © paulson 

 

burg 305

weil der mensch nicht nur war
sondern auch wusste dass er war
und bald nicht mehr sein würde
machte er sich all diese gedanken
um leben sterben gott und die welt

deshalb liebte lachte und weinte er
deshalb war er immer am machen
verkämpfte sich für ein gutes leben
und ein kleines bisschen glücklichsein

so erschuf er auch märchenhaftes
in diesem dasein grausamschön

 

pics & words: © paulson

 

burg 304

nicht nur hier oben

immer und überall

war nichts stärker 
als die kraft der seele 

eigentlich wussten sie das

dennoch kämpften sie um den verstand
als wäre er eine mittelalterliche burg

wehe ihnen
wenn sie diesen kampf verlören

 

pics & words: © paulson 

 

burg 303

 

aus dem verlangen nach bedeutung
schufen die menschen tatsachen

auch diese burg war zweifellos
viel mehr als ein bauwerk

 

pics & words: © paulson

 

burg 302

freilich – es mochte schon sein
dass der sapiens wissend war
aber klug war er gewiss nicht

denn stets fand er immer 
noch ein neues geschäft
bei dem er umherlärmen
und den ruhesuchenden
auf die nerven gehen konnte

dabei brachte ihn das vorhandensein
seines absurden krachmaschinenparks
überhaupt erst auf die idee
für das jeweils nächste geschäft

für den einzelnen krachmachersapiens
war die maschinenpark-nutzung
stets ein feierlicher akt der selbsterhebung
aber der lärmende war gewiss nicht der einzige
dem dabei ein schauer über den rücken lief

so heilsam bei allem die schöne dort oben
und die stille welche sie nach unten sandte
während die maschinenpark-ranger
sich selbst und alle beschallten
und das idyll im tale verwüsteten

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 301

inzwischen hatte er durchaus gelernt
mit den maschinengeräuschen zu leben

immer war da gerade etwas in der luft
im konzert von zischen schleifen blasen

mähen sägen fräsen oder dem sagenhaften
beschleunigen der desperado-bikes und -boliden
diesem nur noch von kampf-jets zu toppenden
gänsehaut erzeugenden klangerlebnis

insgesamt war er problemlos in der lage
den diversen sounds etwas abzugewinnen
er ging sogar soweit zu sagen dass sie ihm 
eine art
wohlfühlatmosphäre erzeugten

gruselig fand er freilich das verstummen
der so vertrauten apparate-beschallung

einmal als es absolut still war
da fürchtete er sich augenblicklich
und wählte gleich die notrufnummer

sie meinten sie würden sich 
seinen namen aufschreiben

das beruhigte ihn

noch viel mehr aber tröstete ihn 
das bild der schönen in der höhe
welche nur wenige minuten später 
von kondenzstreifenmustern reich verziehrt
wieder im wohligen maschinensturm stand

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 300

man musste nicht an gespenster glauben
um den geist des ortes zu erspüren

auch wenn man in einem nachbau
des historismus unterwegs war
stieg dieser doch sehr mächtig
aus einem jahrtausend burggeschichte

wer sie verspottete hatte keine ahnung

 

pics & words: © paulson 

 

burg 299

wer glaubte diesen prachtbau
als bloßen schein entlarvt zu haben
der verkannte die bedeutung des bildes
in der menschlichen vorstellungskraft

 

pics & words: © paulson

 

burg 298

wenn man das künstliche
auf historischen grund baute
dann entstand ein doppelwesen
von dem man sagen konnte
dass es weder echt noch fake war

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 297

immer lebten sie in zwei welten

in jener des gesellschaftlichen realismus
und in jener des privaten wünschens

jeder von ihnen musste wenigstens
diese beiden in einklang bringen

der märchenbau war wie geschaffen
für das glauben hoffen und träumen
für die sehnsucht nach dem vorstellbaren

 

pics & words: © paulson 

 

burg 296

natürlich bestand der katalog
an sogenannten preußischen tugenden
nicht nur aus militärischen begriffen
oder aus pünklichkeit ordnung und fleiß

vernunft toleranz der sinn fürs schöne
gehörten dort ebenso mit hinein
wie fortschritt und verantwortung

das wollten viele nicht wissen

ein besuch auf der stammburg
und ein paar stunden lektüre
in politik und geschichte
hätte dabei helfen können
diese einseitigkeit zu
beseitigen 

aber dafür hatten die beschleunigten
weder zeit noch bereitschaft

man lebte ganz gut
in seiner glaubensblase

 

pics & words: © paulson

 

burg 295

die vom mons solaris abstammenden
breiteten sich durch politisches kalkül
geschicktes heiraten und aufrüstung
über die teutschen lande aus
und schwangen sich so auf
zur bedeutenden großmacht
welche sie im großen krieg
dann selbst wieder abschafften 

 

pics & words: © paulson 

 

burg 294

mit preußischer disziplin und gründlichkeit
ließen preußische bauherren und architekten
die burg von schwäbischen handwerkern
handlangern und arbeitstieren errichten

die ersten gaben die mittel
die zweiten und dritten wissen und erfahrung
die vierten und fünften muskelkraft und schweiß

 

pics & words: © paulson

 

burg 293

die burg-verwaltung lud zu träumereien ein
und bot dafür den idealen schauplatz

wer dort oben nichts fühlte
konnte als hoffnungslos gelten

 

pics & words: © paulson 

 

burg 292

 

manchmal spielte er mit der vorstellung
wie es wohl wäre
wenn man sie einfach sich selbst überließe
die tore schließen warten und zuschauen
wie der zahn der zeit an ihr nagt
und wie sich das gehören würde
in einer digitalisierten welt
alles mit kameras dokumentieren
in echtzeit für alle ins netz stellen
mit allen erdenklichen details
von außen innen oben und unten
mit zusätzlichen zeitraffersequenzen 
die den verfall miterleben ließen

und nach wieder tausend jahren
so stellte er sich vor
würde ein grün überwucherter
zeugenberg der alb übrig sein

und der kreis wäre geschlossen

 

pics & words: © paulson

 

burg 291

die langeweile passte gut
zur langsamkeit der burg

hochgehen hieß hier runterkommen

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 290

herrlich still und erhaben
schwebte sie überm land

als wär sie in den himmel gebaut

so mancher erstbetrachter mag sie
für eine erscheinung gehalten haben

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 289

herren und knechte
hütten und paläste
so war das früher
so ist das noch heute
es gab schon immer
verschiedene Leute

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 288

säbel orden und krawatten
waren nicht mehr so angesagt

heute gab es andere symbole
zur betonung von bedeutsamkeit

die männer der hohenzollern
so hörte man gelegentlich
trugen bei festlichen anlässen
noch immer ihre hausorden

das nannte man wohl tradition

aber es war doch von gestern

ob es letztlich ganz weg konnte
würde allein das morgen zeigen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 287

mit dem anbrechen der moderne
stellten die alten herrschaften
den mythos mittelalterlicher ritterlichkeit
in die romantische landschaft der alb
damit die eigene größe nie vergehe

doch schon drei generationen
und zwei katastrophen später 
war die herrlichkeit perdu

die postmodernen massen
erstürmten das märchengemäuer
zum zwecke der selbstentzückung
und die dynastie der hohenzollern
war im strom der zeit baden gegangen

 

pics & words: © paulson

 

burg 286

natürlich spielte der zufall eine wichtige rolle
auf dem langen weg der hohenzollern
von der ersten bescheidenen burg 
durch die deutsche geschichte nach oben

ein würfelspiel aber war das nicht gewesen

wenn man einen solchen aufstieg hinlegte
brauchte es ganz gewiss
einen nachhaltigen willen zur macht
und ein ausgesprochen feines gespür dafür
wann man die zügel etwas loslassen muss

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 285

sie symbolisierte den steilen aufstieg
eines grafengeschlechts
vom rande der schwäbischen alb
zu königen kaisern und großmacht

die welt wäre eine andere
wären sie grafen und zu hause
in schwaben geblieben

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 284

wer sich romantisch auf sie einließ
war bereit das andere auszublenden

doch hinter dem schönen bild
verbarg sich ein politischer kosmos

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 283

dort oben auf dem berg
fühlten sie sich
leicht und frei

es ging das gerücht manche seinen 
nach dem burgbesuch
zurückgeflogen

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 282

der gang durch die säle
und gänge war ein seiltanz
auf der grenze zum unbewussten
zumindest für jene
die mit einbildung wandelten
aber auch jene
die es mit bildung versuchten
verwandelten sich gelegentlich
in traumgestalten

 

pics & words: © paulson

 

burg 281

es gab nur einen zugang zur burg
aber die herzen
kannten unendlich viele wege

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 280

schon seit ewigen zeiten
zogen krähen am trauf entlang
aber erst seit tausend jahren
sahen sie dabei eine burg

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 279

die stille
war der schatz ihrer zeit

es gab sie nur noch auf inseln

sie war eine

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 278

da war ein dröhnen
im maschinenland 
unter der burg

aus den häusern
aus den gärten
von den straßen
hoch vom himmel
tönte pausenlos
stählerner klang

erst am abend
erlöste ein regen
die seelen der stillen

 

pics & words: © paulson 

 

burg 277

die schwaben waren ein fleißiges völkchen
und so übersahen sie manchmal
was ihnen da auf dem berg rumstand

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 276

im sandkasten bauten sie noch burgen
uneinnahmbar und mit wassergraben

später schlossen sie versicherungen ab
allumfassend und mit vollkasko

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 275

so manche facebook-prinzessin
war dem mittelalter erlegen
der zeit als jungs noch prinzen
autos noch pferde 
und sterne noch blau waren

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 274

nicht mehr im mittelpunkt zu stehen
war überaus entspannend

so wurde sie jeden tag
immer nur noch schöner

und je schöner sie wurde
desto mehr kamen
um sich aufzunehmen

sie stand als hintergrund
in der sonne und strahlte

was für ein herrliches leben

 

pics & words: © paulson

 

burg 273

sie wollte schon lange nicht mehr wissen
wer die besucher waren

ließ sie einfach kommen und gehen

die meisten machten bilder von sich selbst

sie war nur noch die kulisse
daran hatte sie sich längst gewöhnt

es gab schlimmeres

 

pics & words: © paulson

 

burg 272

unwirklich
schwebte das schloss
über dem weltgewimmel

 

pics & words: © paulson 

 

burg 271

die herrschaft der verfügbarkeit
von allem und jedem zu jeder zeit
löste in ihnen ein großes verlangen
nach zwanglosen freiräumen aus

sie war ein ort
wo sich die seelen
zwecklos und spielerisch
tagträumend wiederfanden

 

pics & words: © paulson

 

burg 270

während die bedeutungshungrigen
ihre spinnennetzartige datenkrake
in irrsinniger geschwindigkeit
über den gesamten erdball zogen
und alle menschen vollkommen
abhängig darin verwickelten
ragte die burg in analoger schönheit
aus der als bunte vielfalt verkauften
monotonen gleichmacherei heraus

erhaben und heilsam stand sie
im daten- und warensturm 
der schönen neuen welt

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 269

zweifellos
ging es den anführern aller zeiten
allein um das wohl ihres volkes

worum hätte es ihnen
auch sonst gehen sollen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 268

wer ohne furcht ist
der springe da hinein
sagte der ängstliche
am rande des abgrunds

wer feige ist
der lasse das leben sein
meinte darauf der mutige

sie zögerten noch
waren aber drauf und dran
den sprung zu wagen

schluss mit dem unsinn
kam es von oben vom schönen
kommt hoch wir tanzen ne runde
lasset die sorgen jetzt sein
der walter stimmt schon die Laute
und der könig liegt schnarchend im wein

was zögert ihr noch
muss ich euch zweimal bestellen
wenn ihr lieber streitet und sterbet
dann tanz ich eben allein

schließlich sprang der eine
er fiel lautlos wie ein stein

der andere ging nach oben
tanzte trank und sang
bis in den morgen hinein

 

pics & words: © paulson 

 

 

Burg 267

erst wolkenbildner und beleuchter
zauberten jenes naturtheater
in welchem die märchenschöne
so atemberaubend zur geltung kam

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 266

wie flaschengeister wuchsen die wolken
über der schönen ins preußischblau

was genau die aus der ersten burg
in die welt aufgestiegenen hohenzollern

den deutschen landen gebracht hatten
unter dem gesamthistorischen strich
da waren sich die geschichtsgelehrten
im befreiten land nicht so ganz einig

mit einer abschließenden antwort
war auch nicht mehr zu rechnen

die wusste allein der himmel
und der zog es vor zu schweigen

auch das himmlische kind
hätte man noch fragen können

aber das hatte die zeit wieder mal
über alle berge geschickt

 

pics & words: © paulson 

 

burg 265

dass die sprößlinge
aus dem kargen kalksteinkegel
später fürsten und feldherren
kurfürsten könige und kaiser wurden
war schon einigermaßen imposant

wenn sie dann aber zusätzlich 
zu ihren regierungs- und kriegsgeschäften

sinfonien komponierten märchenburgen bauten
dichteten philosophierten und sogar flöteten
so machte das zumindest einige von ihnen
auch noch zu sinnlichen feingeistern

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 264

natürlich durfte man träumen
wenn dadurch ein leben 
besser und schöner wurde

aber die ersehnte welt
für die wirkliche zu halten
barg zahlreiche gefahren

solange einer wusste
dass er nur träumte
war noch alles gut

 

pics & words: © paulson 

 

burg 263

so ganz genau war ihm nicht klar
warum ihn der mythos einer burg
so viel mehr in den bann zog
als jener von technik konsum
und grenzenloser mobilität

vielleicht war es deshalb
weil er dem lauten tempo
der fortschrittsversprechungen
der sogenannten modernen zeit
schon lange nicht mehr 
zu folgen bereit war

er suchte einen haltepunkt
im geschwindigkeitssog 
des digitalen zeitalters

sie war ihm dieser punkt

stille und entschleunigung
in ihrer schönsten form

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 262

 

könige gab es in allen lebensbereichen

die meisten hatten nicht mal ne burg

sie besaßen etwas herausragendes
das andere nicht hatten

van morrison war so einer

der hatte gold in der stimme

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 261

die durchs leben sich zappelnden
sollten auf ihrer bewegungsreise
die märchenschöne auf dem berg
auf keinen fall vergessen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 260

klingend stand sie
langsam sterbend
in der musik der welt

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 259

wer in der massengesellschaft
unter entzauberung litt
war hier genau richtig

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 258

sie war eine insel auf der heimatscholle

man konnte da einfach kurz hinfahren
und hochsteigen um runterzukommen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 257

sie befand sich irgendwo
zwischen kunst und geschichte
zwischen himmel und erde
zwischen gefühl und verstand

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 256

so stiegen sie zwar nach oben
in wahrheit aber lockte es sie
in die tiefen des seins

 

pics & words: © paulson

 

burg 255

dass sie ein teil der natur waren
hatten sie längst verdrängt
viele hätten es gar geleugnet

dabei zeigten sie es in allen lebenslagen
nicht nur dort wo der kaiser zu fuß hinging

was sonst hätten sie auch sein sollen
die von muttertieren in die welt geworfenen
jäger und sammler von glücksmomenten

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 254

die eigentlichen großmächte im menschen
wohnten tief in seinem inneren

was nach außen verlautete
war selten das wahre

dieses hauste als wille zu selbstbehauptung
und selbststeigerung in ihnen

letztlich waren sie instinktwesen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 253

es war die sehnsucht nach geheimnissen
die sie magisch und magnetisch
zur märchenhaften führte

sie wussten intuitiv
das leben war viel mehr
als das berechenbare
das helle und offenbare

ein tiefes meer von mehr

unter der oberfläche
lockte sirenengesang

deshalb kamen sie

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 252

schöner konnte man sich 
die daseinsreise kaum versüßen
als mit ‘nem traum von bild von ihr

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 251

was man sah hing davon ab
ob man sie mehr
realistisch
oder idealistisch betrachtete

manche versuchten beides zugleich
mit jeweils einem auge

was zu sehstörungen führen konnte

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 250

burgen sind dafür bekannt
dass sie lieber schweigen

wenn sie plötzlich anfängen
aus ihrer geschichte zu plaudern
würde man sie höflich bitten
doch besser die klappe zu halten

so hat eben alles und jedes
seine ureigenste bestimmung

da kann sich die verquatschteste
unter ihnen noch so sehr aufregen

(welche das ist wird nicht verraten)

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 249

stattlich
wehrhaft

schweigsam
autark

ein bild von burg
dort auf dem berg

ins tal lächelnd

in sich ruhend

uneinnehmbar
unaufschließbar

überlegen

erhaben und fern

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 248

letztlich war sie nur ein großes haus
mit türmchen kapellen sälen
und vielen vollgestellten zimmern
eine ziemlich alte immobilie
in unverbaubarer aussichtslage
für fürsten könige und kaiser
mit juwelen im keller
und leichen im gästebuch

mehr nicht

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 247

jedes große gefühl
war eine selbststeigerung
eine erhebung über das normale
ein highlight im dunkel der nacht
eine entzückungsspitze mit gänsehautgarantie
ein wenig abheben ein wenig schweben
ein kleines bisschen glücklichsein

deshalb rasten reisten und liefen sie
deshalb sprachen lasen und schrieben sie
deshalb sangen tanzten und liebten sie

was immer es war das sie taten
hauptsache es weinte in ihnen
im süßen wohligen sein

und so kamen sie auch
um hinaufzusteigen
zur himmlischen

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 246

die globale seuche hatte auch ihre vorteile

einer beträchtlichen anzahl an menschen
war ein böses trauma erspart geblieben
weil die häufigkeit von wohnungseinbrüchen
dank corona stark zurückgegangen war
selbiges konnte man auch für diebstähle
raubüberfälle und andere delikte sagen
ebenso kam es zu weniger verkehrsunfällen

der himmel war wieder blau statt gestreift
die tier- und pflanzenwelt entfaltete sich
wie letztmals vor dem dreißigjährigen krieg

familienmitglieder lernten sich
zum ersten mal so richtig kennen
vormals dauerpumpende muskelboys
schrumpften zurück auf normalmaß
so mancher schwerbeschäftigte
las seinen allerersten roman

und der verhinderte thronfolger
hatte monatelang die burganlage
als historischen abenteuerspielplatz
exklusiv für sich und die seinen

von ein paar handwerkern abgesehen
die endlich einmal ganz in ruhe
zu werke gehen konnten

 

pics & words: © paulson 

 

burg 245

kleine kinder bauen burgen aus sand
große kinder bauen burgen aus stein

auch der wird irgendwann zu sand
so wie das ganze große erdenland

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 244

auch dieses bauwerk war das ergebnis
mysteriöser vorgänge im menschen

so wie die ursprünge der ersten burg
diffus in der zeit verborgen lagen
so verhielt es sich auch 
mit den motiven der sterblichen

wie sie durchaus nicht wussten
woher all die vielen worte kamen

kannten sie die tieferen quellen
ihres eigenen handelns nicht

dass sie dennoch beharrlich glaubten
zu wissen warum sie die dinge taten 
machte alles nur noch unheimlicher

im grunde war das was sie da trieben
das ganze irdische menschengewusel
auf der wässrigen blauen kugel im all
eine gigantische und wundersame
abfolge von unbegreiflichkeiten

all ihre nöte wünsche und freuden
die errungenschaften und verfehlungen
alle gesellschaften und gemeinschaften
ihr ganzes streben schaffen und tun

so lebten sie ihr sonderliches dasein
zwischen woher wozu und wohin

in einem bizarren rätseltheater
und wie jedes einzelne erdenkind
waren auch jene von der burg
auf dieser bühne erschienen
und bald wieder verschwunden

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 243

sie war ein märchen 
aus träumen und stein

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 242

an manchen tagen fragte er sich
ob da wirklich dieser zauberbau
auf dem zauberberg stand
oder ob ihn nicht doch
die einbildungskraft
dort hinaufgestellt hatte

vielleicht stimmte ja beides

 

pics & words: © paulson

 

burg 241

die unermüdlich tüchtigen
ließen für ein paar stunden
die harte realität hinter sich
betraten ein fantasiegebilde
aus märchen und mythen
und kehrten dann weicher 
gestimmt wieder heim

 

pics & words: © paulson 

 

burg 240

wenn sie zu ihr hoch stiegen
unternahmen sie ganz bewusst

den schritt zurück in die kindheit

sie wollten träumen und spielen
wenn sie um die türme gingen

in den gedanken verloren
wurden sie außen klein
und innen ganz groß

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 239

so zogen sie hinauf ins märchenhafte
und entkamen für eine kleine weile
den angeblich unverhandelbaren
realitäten der gegenwart

 

pics & words: © paulson / music: youtube artists

 

 

burg 238

bestimmt wäre es übertrieben gewesen zu behaupten
die romantik im menschen sei eine geisteskrankheit

aber in die richtung ging es schon

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 237

im grunde war sie gar keine burg

weder gab es etwas zu verteidigen
noch plagten sie ängste
auch hatte sie nichts zu verbergen

wer sie als burg bezeichnete
lag völlig daneben

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 236

so mancher zollernälbler
reiste nach new york

und war noch niemals auf dem
prussian empire birth building

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 235

sie spielte nur eine kleine rolle
im großen welttheater

aber die spielte sie überzeugend

 

pics & words: © paulson / music: youtube artists 

 

 

 

burg 234

jeder sah eine andere burg
andere farben und formen
andere bilder dahinter

ein fest der vorstellungen
wurde so zum ich-erlebnis
in einer angeblichen wirklichkeit

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 233

das erhabene
überstrahlte alles
und rettete ihnen
quasi das leben

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 232

die verwandlung
die ihnen hier geschah
war eine verzauberung…

eine versunkenheit
die an trunkenheit grenzte

 

pics & words: © paulson 

 

burg 231

schwarz und weiß waren die farben der preußen
schwarzweiß war auch das denken über sie

dabei gab es so viele schattierungen dazwischen

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 230

die menschen waren nicht zornig
weil die herren dieser burg
ihre vorfahren beherrscht hatten

der schöne anblick stimmte sie milde
so wie die fast unbegrenzte freiheit
die sie seit generationen genossen

so nahmen sie sie im sturm
– aber mit den herzen –
den von der zeit geheilten

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 229

dass sich der entmachtete thronfolger
noch immer mit königliche hoheit ansprechen ließ
war wohl mehr selbstironischer theaterzauber

jedenfalls blieb das zu hoffen

andererseits und angesichts dessen
was er hätte sein können…

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 228

jeder baute sie auf eine andere weise
in seine eigene welt ein

fast alle wussten dass sie nur spielten

zum glück

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 227

als die menschen so frei waren wie nie
sehnten sich manche zurück in eine welt
die alles andere war als frei

einzelne behaupteten allen ernstes
diese welt habe niemals aufgehört zu sein

dies zu sagen schien mehr als verwegen
aber der wahn war teil ihrer freiheit
genau wie die toleranz die ihn ertrug

so menschelte es pausenlos unten im tal
während sie gelassen über ihnen thronte

 

pics & words: © paulson

 

burg 226

es gab zeiten unter der burg
da geschahen grauenvolle dinge

damals während der gewaltherrschaft
entmenschlichter deutscher männer
die das ganze land und halb europa
mit ihrem schrecken überzogen 

und auch entlang des albtraufs
wehrlose zu tode gequält hatten

so gefühlskalt und unbarmherzig
gingen die herrenhenker zu werke

dass den gepeinigten die tränen froren
weil ihnen in pausenloser todesangst 
keine zeit mehr zum weinen blieb

dass die täter dann am ende
auch noch die listen mit den namen
der ermordeten verschwinden ließen
zeigte das ganze ausmaß ihrer niedrigkeit

nach dem ende des staatlichen terrors
sorgten dann die alliierten befreier dafür
dass die opfer ihre würde zurück bekamen 

als es um die schuldfrage ging war es wie immer

einige stellten sich der verantwortung
andere wollten nichts gewusst und gesehen haben
und der große rest schwieg und verdrängte 

inzwischen war viel gras und wald darüber gewachsen
und der kz-friedhof lag verborgen neben der schnellstraße

naturgemäß wollte sich nicht jeder
mit diesem kapitel von heimatkunde befassen

wer aber wissen wollte welche herzzerreißenden tragödien 
sich da tausendfach am fuße der burg zugetragen hatten
konnte das dank der arbeit einer gruppe von menschen tun
die unverdrossen gegen das vergessen ankämpften

jene die keine scham empfanden fragten

warum nicht einfach vergessen?

die antwort 

es ist noch immer derselbe mensch

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 225

 

sie verband die menschen
märchenhaft miteinander

wer in ihrer nähe wohnte
spürte diese einende kraft

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 224

ob sie kunst war oder künstlich
hing im grunde ganz davon ab
ob man sie mit dem verstand
oder mit dem herzen sah

 

pics & words: © paulson 

 

burg 223

ihre magische kraft
strahlte übers land
die leute wurden still
und träumten ein wenig

 

pics & words: © paulson 

 

burg 222

es ging nicht darum
ob sie alt war
es ging nicht darum
ob sie wahr war
es ging nur darum
dass sie da war

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 221

auch wenn es nur ein augenblick war –
der blick hinauf war stets ein glücksmoment

 

pics & words: © paulson 

 

burg 220

letztlich war sie ein rädchen
im preußischen machtgetriebe
– ein symbol deutscher größe
die im größenwahn endete

im demokratischen deutschland
mutierte der zauberberg dann
zur romantischen kulisse
für empfindsame seelensucher
und heiratswillige aus fernost

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 219

die verklärung von macht männlichkeit und militär
führte letztlich in die katastrophe der weltkriege

sie spielte darin keine rolle

im gegensatz zu ihren erbauern

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 218

die vollendung der neuen alten burg
fiel mitten hinein in den freudentaumel 
des gegen den erzfeind errungenen sieges

dazu passte dass man ihre schokoladenseite
gen westen ausgerichtet hatte 

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 217

den auftraggebern der burg war die romantik
nicht gerade in die wiege gelegt worden

so handelte es sich beim mittelalterlichen nachbau
wohl eher um ein symbol von herkunft und macht

verträumtheit war im maschinenzeitalter
ohnehin nicht das allererste erfordernis

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 216

auch in der eisenharten politik der preußen
musste es einen romantischen zug gegeben haben

sonst hätten sie dieses bauwerk nicht hervorgebracht

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 215

während die postmoderne
arbeits- und dingegesellschaft
produkte in die welt warf
als gäbe es kein morgen
entfloh man der konsumkälte
durch einen ritt auf die burg
die man zu etwas machte
das sie natürlich nicht war

mit ein wenig wärme im bauch
kam man wieder runter vom berg
zurück ins perfekt durchglobalisierte
alle umwelt verwüstende räderwerk

 

pics & words: © paulson 

 

burg 214

menschen waren unfassbar kreativ

was sie nicht alles bauten und machten
und gemeinsam zustande brachten

sie waren einfach großartig
lebenskünstler allesamt

als spezies aber würden sie bald
lustvoll untergegangen sein

wie ein herrschergeschlecht
das zu schnell gewachsen war
über seine verhältnisse gelebt 
und schließlich abgedankt hatte

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 213

wer sie gar lächerlich machte
der sollte sich einmal fragen
warum er es nötig hatte
solches zu tun

sich über das erhabene stellen
war ein verwegenes
welches an hochmut grenzte

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 212

wer bei ihrem anblick
dieses hochgefühl

nicht in sich spürte
dem fehlte vermutlich
ein baustein zum glück

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 211

im romantischen erlaubten sie sich
pathetisch zu sein

was wenn nicht die schöne burg
auf dem berg vor der blauen wand
hätte sich besser dafür geeignet

so kamen sahen und schwärmten sie
wovon – das wussten sie nicht wirklich

aber etwas in ihnen jubelte

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 210

so wie das märchenhafte abbild des alten
die träumemenschen nach oben zog
so gab es nahezu unzählige ziele
für die nach glück strebenden sapiens

die auf dem planeten sinnlos gestrandeten
schufen und suchten pausenlos
bedeutungen beachtung gemeinschaft

auch das weltumspannende wundernetz
versammelte die nebulös umherirrenden
an allen denkbaren und undenkbaren orten

die schrägen rebellen
die abstrusen theoretiker
die absurden selbstdarsteller
die monströsen volksverführer
die burggedankenromantiker
und all die anderen gestalten
diese mehr oder weniger harmlosen
digitalen jahrmarktständebetreiber

und ihre nach inhalten suchenden
durchs labyrinth streifenden follower 

ob sie nun burgen oder begriffe bauten
ein ganzes volk oder ideen beherrschten 
immer waren sie könige und getrieben
von einem gewaltigen kosmischen willen
und der sehnsucht nach liebe und sinn

und immer gab es solche
die schönes hervorbrachten
aber auch jene
die dieses nicht ertrugen
und stets danach trachteten

es wieder kaputt zu machen

mitunter waren es ein und dieselben

und auch wenn sie lächelten
sich dabei entspannten
ihr dasein genossen

so blieben sie doch stets
die unstillbar durstenden
in die welt geworfenen
unermüdlich suchenden

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 209

müde stand er am fenster
sein auge suchte sie
blieb am trauf hängen
suchte noch einmal

es war ein klarer tag
sie war nicht mehr da

im netz war ihre seite gelöscht 
auf dem rathaus meinte eine frau
sie wisse nichts von einer burg

er rief die polizei an 

gegen mittag kamen sie ihn holen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 208

ganz am ende meinte sie noch
er sei überhaupt kein freund
weil er gerade in den zeiten
als sie ihn gebraucht hätte
die augen verschlossen hatte
um seinen flow nicht zu stören

er war jedes mal heilfroh
wenn er erwachte und realisierte
dass es nur ein albtraum war

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 207

er hätte ihr gerne noch gesagt
dass er schließlich nicht der allmächtige sei
aber da war sie mit den nerven schon durch
und im grunde genommen gar nicht mehr da

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 206

 

in den wochen vor ihrem abtransport
hatte sie sich geweigert mit ihm zu sprechen
und weil er sie einmal schmollerburg genannt hatte
drehte sie das, was noch von ihr geblieben war
augenblicklich auf die seite wenn sie ihn kommen sah

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 205

seit er geträumt hatte
sie hätten die burg abgebaut
und nach saudi arabien verkauft
litt er an schlimmen schlafstörungen

und wenn er dann endlich mal einschlief
träumte er gleich wieder von ihr

es war ein teufelskreis

 

pics & words: © paulson 

 

burg 204

die seele der sterblichen

ein verwunschenes schloss mit tausend türen
dahinter ein labyrinth von welten

rätselhaften verlockenden erhabenen

wer den mut hatte da hinein zu gehen
der konnte was erleben

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 203

früher war gewiss nicht alles besser

aber manches war schon ziemlich gut

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 202

mitunter war es nur ein schmaler grat
zwischen kitsch und großer kunst

manchmal waren sie auch ein und dasselbe

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 201

die geschichte der ersten beiden burgen
lag versteckt im dunkel der jahrhunderte

die dritte aber stand strahlend schön
auf dem zeugenberg vor dem albtrauf

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 200

hinter den romantischen gemäuern
spürten sie wieder eine lebendigkeit
die man ihnen ausgetrieben hatte

jenseits der logik der algorithmen
suchten die digitalen eingeborenen
instinktiv nach dem unberechenbaren 

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 199

da war diese stimme vom berg
die schönes versprach

so zog es sie hinauf 
ohne dass sie wussten

wie ihnen geschehen würde
wenn sie hinter den mauern verschwanden

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 198

vermeintlich unsterblich stand sie da
während sie kamen und gingen

aber natürlich täuschte der eindruck

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 197

die sicherheit einer burg
konnte zugleich ein gefängnis sein

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 196

mit ästhetischer würde
strahlte sie silbern
hinaus in den tag

den menschen im tal
gab sie das gefühl
dass es ein guter war

 

pics & words: © paulson 

 

burg 195

als eine insel von beständigkeit
stand sie im fluss der vergänglichkeit

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 194

wer nach märchen suchte
war hier am goldenen ort

der durfte sie tanzend umkreisen
frei schwebend und selig bereisen
auf herrlichen wegen und pfaden
den erträumten und den realen
da sie schön über ihm thronte
ihn mit ihrem zauber belohnte

er hatte nach märchen gesucht
und war hier am goldenen ort

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 193

manche bauten burgen
um über dem abgrund zu sein

dabei erschufen sie diesen erst

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 192

natürlich war sie nicht nur erhaben und schön

das machte sie ja erst besonders

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 191

sie erzählte eine geschichte
die sie mit dem herzen verstanden

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 190

als er dem sänger mit der hohen stimme lauschte
stellte er sich ritter in einer karawane vor
die auf dem weg zur schlacht waren
und deren seelen als heulende wölfe erklangen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 189

burgbau war eine sicherheitsvorkehrung
vor den zeiten der vollkaskomentalität

 

pics & words: © paulson 

 

burg 188

sie kamen mit einer gestimmtheit

in den mauern erklang dann
eine musik die sie mitnahmen
und in sich trugen für lange zeit

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 187

ihre große beliebtheit
war auch ein syndrom der zeit

sie alle waren so sehr durchgetaktet
konsumeifrig und dauerverkabelt

– da konnte sie gar nicht anders
als balsam für die seele zu sein

 

pics & words: © paulson / music: youtube artists 

 

burg 186

was sich da zwischen den türmen abspielte
war eine harmlose form von realitätsflucht

ein wenig geschichte
ein wenig königshaus

ein wenig feudales geglitzer

die meisten der burgbesucher
wünschten sich ganz gewiss
kein deutsches reich zurück

sie wollten nur schauen
spüren und träumen

und gast im erhabenen sein

 

vergrößern: strg  +++ / verkleinern: strg  – – –
pics & words: © paulson 

 

 

burg 185

irgendwo zwischen tag und traum
besuchten und durchwandelten sie 

diesen malerischen mikrokosmos

was sie am ende mitnahmen
hing wesentlich davon ab
ob sie mehr der aufklärung
oder der verklärung anhingen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 184

sie war beides
schwindel und wahrheit zugleich

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 183

selbst eine burg
stand wehrlos
im strom der zeit

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 182

von allen denkbaren ableitungen
der verborgenen seelenmächte
aus den tiefen des sterblichen
schien der gang zur burg
noch eine der harmlosesten

das sehnende träumen
war um so viel friedfertiger

als die meisten der anderen

und schöner allemal

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 181

im großen weltenspiel
von anziehung und abstoßung
wurden sie von rätselhaften
in ihnen verborgenen kräften
gewaltig zu ihr hingezogen

was sich da tief in ihnen abspielte
kam einer chemischen reaktion gleich

dass sie dabei auch noch an liebe dachten
steigerte die wonne zum seelenfeuerwerk

sie waren menschen und tiere zugleich
aber viel mehr noch schienen sie
endlos suchende traumgestalten
an den fäden fremder mächte zu sein

dass keiner von ihnen wusste
welche hand die fäden führte
war die erhöhung zum mysterium
und die quelle aller demut

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 180

am morgen nach dem großen schnee
stand sie malerisch im lichterfüllten tag

die menschen knieten nieder und weinten
glücklich und dankbar am leben zu sein

sie nahm das nicht allzu persönlich
schließlich kannte sie ihre pappenheimer
was aber nicht hieß dass sie es nicht genoss

 

pics & words: © paulson           
vergrößern: strg  +++ / verkleinern: strg  – – –

 

 

burg 179

die vorstellung von burg hatte sich verändert
blutige heldengeschichten waren so out
wie krawatten suvs und primitive feindbilder

das neue war anders – so viel war sicher
ob es auch auf dauer besser war
würde die zukunft erweisen

denn eines änderte sich nie

immer waren sterbliche am werk

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 178

manchmal bei nacht
da schien es ihm
als brenne der berg

nur mit mühe
hielt er sich davon ab
den notruf zu tätigen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 177

warum genau sie kamen
wusste im grunde keiner

die quelle der magie
lag letztlich in ihnen selbst

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 176

wer erwartungen an sie hatte
wurde vielleicht enttäuscht

am schönsten war sie als metapher

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 175

es schien so als würden sie
die welt in dem maße verklären
wie sie ihnen erklärt wurde

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 174

nichts war stärker
als die gravitation der seele

wie magnete zogen sie einander an
seele und burg – das passte

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 173

natürlich war der verklärte blick
auf diese ritterburg ein glaube

so wie vertrauen ein glaube war
und jede vorstellung und erwartung
im umgang mit der welt und miteinander

hätte man sie nur mit der empirischen
und analytischen vernunft betrachtet
es hätte nicht einmal ihren bauplan
geschweige denn sie selbst gegeben

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 172

auch den inselreisenden
waren in der seuchenzeit
die klaren blauen himmel
angenehm aufgefallen 

noch durfte man sich daran erfreuen
bald würde es aber wieder losgehen
mit den sonnenräuberinselfliegern

und den expressiven exkrementen
die sie ins firmament schmieren
viel wilder noch als zuvor

es gab einiges nachzuholen

 

pics & words: © paulson 

 

burg 171

so stand sie rätselhaft und schön
zwischen physik und metaphysik
zwischen erde und himmel
über alle dinge erhaben

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 170

es war ein unbestimmtes
das ihn überkam in ihrer nähe

aber immer war es ein erhebendes

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 169

wie ein riesenhafter stern
strahlte die fahne der preußen
zwischen den dunklen türmen
hinaus ins stille zollernland

es war in den winterwochen
der zwangsläufigen verinselung
als er hinaufschaute und glaubte
eine kleine gestalt wahrzunehmen
die sich von zeit zu zeit bewegte

dann schärfte sich sein blick
auf wundersame weise

und erzeugte ein bild
von unwirklicher klarheit

übergroß und zum greifen nah
stand dort ein gealterter prinz
mit ernstem gesicht und einem
glas schweren dunklen weines
an einem der vielen fenster 
inmitten des in rot getauchten
mittelalterlichen prachtgemäuers

zum ersten mal überhaupt
war er mutterseelenallein 
im nächtlichen palast
auf dem monte solaris

und zum allerersten mal 
wurde ihm wirklich bewusst
wer er denn eigentlich war
und was er hätte sein können
wenn alles ein wenig später
oder anders gekommen wäre

und jener der emporschaute
ihn dort so stehen sah
und in ihn hineinblickte

stand seinerseits am fenster
grüßte hinauf zum einsamen 
mit einem glas vom roten
mit ebenso ernstem gesicht
denn auch er sah nun erst
was er hätte sein können
was er hätte werden sollen
unter den anderen umständen
wenn alles anders geworden
oder wenn er ein wenig früher 
auf diese welt gekommen wäre

dann
vollkommen unvermittelt
gerade als er im begriff war 
den anderen anzusprechen
löschte jemand die beleuchtung

und sie verschwand in der nacht

der prinz aber stand noch
eine weile dort am fenster
und träumte gedankenverloren
hinunter auf die goldenen lichter
der kleinen schwäbischen stadt

dann erhob er sich schließlich
und ging durch den großen saal
seine schritte hallten noch nach 
als er bereits verschwunden war

es war der 24.12.2020

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 168

getrieben von uralten wünschen
stürmten die romantischen
zur adventszeit nach oben

damit das schöne sie ergreife

ein wenig innehalten
ein wenig träumen
ein wenig zauber

im jahr der seuche aber
blieben die tore geschlossen

da standen sie länger noch
da schauten sie sehnender noch

und hofften auf bessere zeiten

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 167

das traumartige
welches in jedem wohnte
hatten sie auf den berg gemauert

kaum etwas berührte sie tiefer
als dieses bild von traum

warum es so war
wussten sie nicht

und das war auch gut so

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 166

 

wer ihren anblick liebt
der sollte sie vielleicht
doch besser nicht betreten

damit die träume
sich auch weiter
um die türme ranken

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 165

es hatte geschneit
sie stand im winterkleid

er schaute die pracht
das hatte über nacht
der wind gemacht

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 164

am ersten tag des dezembers
gleich nach der geisterstunde 
kam der neue winter bebend
aus dem zollerngraben herauf
und rumpelte die schlafenden
aus den süßen traumlanden

er hatte das grummeln
schon wahrgenommen
bevor das schütteln kam
sein hölzerner adventsstern
vom regal herunterstürzte
und sich einen zacken brach

auch der schönen der nacht
war einmal vor vielen jahren
bei einem solchen geschehen
einer aus der corona gebrochen

er schaute hinüber zur lady in red 
da sein herz sich wieder beruhigte

alles war gut

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 163

immer war sie großes theater
und die sterblichen strömten
hinter die goldenen mauern
das schöne zu schauen

aber auch wenn sie schlief
in der kalten schwarzen nacht
erwärmte sie noch die herzen 
als ein bild aus dem träumeland

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 162

seine vorfreude auf schnee
war eines der schönsten gefühle

wenn sie dann endlich 
im weißen kleid glänzte
unterm tiefblauen himmel
vom zauberzeug überzuckert
dann strahlte sie nicht allein

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 161

stille 
schönheit
harmonie

all das war sie

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 160

während die tapferen maschinenkrieger
im unermüdlichen kampf gegen die stille

jeden nur erdenklichen lärm veranstalteten
und glücklicherweise keine igel häckselten
jedenfalls nicht von außen wahrnehmbar

stand sie gelassen unterm grauen himmel
und träumte über dem lauten land 

 

pics & words © paulson 

 

 

burg 159

wie ein gut gemachter popsong
war auch sie herrlich einfach
ein wenig sehr kitschig
und wunderschön

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 158

wer eine atmende burg
mit weit offenen armen
mal so zu erobern gedachte
stand vor verriegelten toren

nichts war ihr bedrohlicher
als mangelnde distanz

wer es dennoch wagte
dem zeigte sie ihre größe
und schrumpfte ihn zum zwerg

dann ließ sie den adler steigen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 157

kinderaugenseelenfutter

der blick nach oben
machte etwas schönes
mit den menschen

hätte sie nicht da gestanden
auf dem alten zeugenberg
man hätte sie unbedingt
dort hinaufbauen müssen

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 156

und dann war sie plötzlich
lady ganz in red
a t e m b e r a u b e n d
im sternbild des orion

ja ist denn schon weihnachten

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 155

in den dunklen sorgentagen
hatte sie sich geschmückt
um den beunruhigten
draußen im lande
ein lächelndes staunen 
aufs gesicht zu zaubern

 

pics & words: © paulson 

 

 

 

burg 154

jeder war ein überraschungsei

man konnte unmöglich wissen 
was aus dem mit dem leben
beschenkten herauskam

sie war auch so eine wundertüte
weil man bevor man dort war
keineswegs wusste was sie
mit einem machen würde

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 153

manchmal erinnerte ihn die szenerie
an einen schlafenden drachen
mit einer krone auf dem haupt
die aussah wie eine burg

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 152

dieses verlangen nach früher
war es eine selbstberauschung
die jenes das vergangen
letztlich das eigene leben
für eine kleine weile
wieder ins jetzt holte

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 151

es gab da eine sehnsucht
nach den alten tagen
als männer noch männer
die welt noch ungerechter
ehre stolz und krieg
noch werte waren
die den menschen
gänsehaut machten

zugegeben hätten sie das nie

konnten sie auch gar nicht

ahnten es ja nicht einmal

so gut erzogen waren sie

erfreulicherweise

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 150

von unten nach oben
zogen kräftige tiere
berge von stein
zum steinernen berg
dort am fuße der alb
dass eine burg entstehe

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 149

er erhöhte und verklärte sie

das war ihm wohl bewusst

aber hatte nicht jeder seinen mythos

die halbe menschheit glaubte doch
an ein göttliches wesen im himmel
an teufel engel und paradies

und fast alle hielten sie den sterblichen
also keinen geringeren als sich selber
für die krone der schöpfung

unzählig die geschichten und bilder
die sie zu allen zeiten erfanden

immens das verherrlichungspotenzial
unerschöpflich die einbildungskraft

alles erdenkliche wurde da angebetet 

geister hexen autokraten
jede art von automaten
begehrenswerte sapiens
solche mit sehr viel potenz
ideen märchen und saphire
gärten ufos schmusetiere
dinge künste und die liebe
orte worte ballgeschiebe
körper lüste männerbrüste
schreine weine leberwürste
schräges und geheimes
großes und ganz kleines

wer wollte konnte es hören
das seelendröhnen so gewaltig
im gewimmel der milliarden

der mythos
war viel größer als der mensch

und das war gut so

was hätten sie auch tun sollen
in der langen träumezeit
bis zum wiederverschwinden

und so spielte und fabulierte er
halt eine weile mit der burg

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 148

bröselnd stand die festung
auf dem bröckelnden gestein
des porösen mittelgebirges
und döste so vor sich hin

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 147

scheinbar unbeeindruckt
stand sie in der zweiten welle

auf besucher zu verzichten
schien ihr nichts auszumachen

sie war eh auf winter eingestellt

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 146

ob man spaß haben konnte
dort oben auf dem berg
das wusste er nicht genau

er nahm es aber mal an

für ihn war es jedenfalls
eine besondere freude

dort zu besuch zu sein

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 145

dass sie immer nur schwieg
beunruhigte ihn nicht sehr

was hätte sie auch sagen sollen

als burg

bei einem lieben menschen
wäre das anders gewesen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 144

auf den felsenresten
eines uralten meeres

ruhte sagenumwoben
das märchengemäuer

es war ein heißer tag
und er staunte hinüber

da sie verschwamm
wie unter wasser

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 143

auch wenn es so aussah

welt ≠ berechenbar

und auch nicht das leben

so wie es nicht für immer war

weil sie das spürten
kamen sie zum träumen

bei ihr wurden sie still
und dankbar

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 142

schön stand sie da
in der anbrechenden
schönen neuen welt
der technisierten zeit

was sie wohl sein würde
für die auf virtuellen schienen
laufenden neuen menschen

er hielt es für denkbar
dass sie sich auch dann noch
persönlich nach oben begaben

trotz alledem

 

pics & words: © paulson / music: youtube artists

 

 

burg 141

die höhle
war die mutter
aller burgen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 140

 

am mythos soll der schmerz
dir märchenhaft genesen
dann ist die andre welt
als wär sie nie gewesen

er ist dir trost
er ist dir wendung
er löst dich los
von alter sendung

komm hoch du mensch
zur zauberschönen
und lass dich gleich
und ganz versöhnen

 

pics & words: © paulson