burg 133

ungläubig schaute er auf die worte und bilder
unfassbarkeiten tag für tag – schon jahrelang

er schwankte zwischen mitleid verachtung und spott
manchmal war ihm buchstäblich übel geworden

nie hätte er einen wie den für möglich gehalten

das alles war weder ein sehr schlechter film
noch befand er sich in einem wirren traum
was sich hier abspielte war die wirklichkeit

amerika wurde von einem rüpel angeführt
wie er sonst nur in unrechtsstaaten vorkam
von einem bully wie er im buche stand
einem ungeheuer gewissenlosen manipulator
einem durchgeknallten totengräberknaben
einem empathielosen alphamännchen
das ungestraft seine horrorshow abzog
das gefährlich mit dem feuer spielte
und dann auch noch ständig öl hineingoss

dessen einzige meisterschaft darin bestand
in den disziplinen mobbing und narzissmus
weltumspannend konkurrenzlos zu sein
selbst übelste diktatoren wirkten harmlos
wenn sie neben diesem rambo standen

es war wirklich kaum zu glauben
aber in den von ihm geschätzten usa
regierte tatsächlich der nackte wahnsinn
in form einer überspannten goldlocke
die offenbar nicht mehr zu stoppen war

wie musste es um ein land stehen
das sich so einen präsidenten wählte
und wie furchtbar musste es sein
als aufrechter demokrat dort zu leben

oder war seine einschätzung zu streng
weil dieser bedauernswerte mensch
eine schlimme kindheit gehabt hatte

und früh auf die schiefe bahn geraten
und später nicht mehr in der lage war
dem triebhaften in ihm herr zu werden

aber selbst wenn es so gewesen wäre
wie konnte dann ausgerechnet so einer
der mächtigste mensch der welt werden

er würde ein freudenfeuer entfachen
wenn diese lichtgestalt der umnachteten
dieses aggressive monstrum von egomane
und lebende sinnbild für niedergang
dieses dauertrumpetende trumpeltier

und ganz offenbar vom teufel besessene
deutschstämmige gruselmännchen

wieder verschwunden sein würde

er hörte sich atmen
spürte wie sein puls raste
wie sehr er sich aufgeregt hatte
der schweiß stand ihm auf der stirn
und seine hände zitterten
als gehörten sie nicht zu ihm
er legte sie auf die heißen wangen
und schüttelte erschöpft den Kopf

um sich ein wenig abzukühlen
ging er hinaus auf die terrasse
schaute hinüber zur burg und spürte

wie langsam die wut einem zauber wich

so schön stand sie da im herbstlichen licht

er lächelte sie an als wäre sie seine geliebte
die ihn bei einer albernheit ertappt hatte

aber dann schlich sich gleich wieder
ein gedanke mitten in die freude

den er nicht mehr los wurde

mit einiger wahrscheinlichkeit
so kam es ihm in den sinn
wäre diese abstoßende person
ein großartiger burgherr geworden
womöglich sogar könig oder kaiser

er zog die schuhe an und rannte los
ein glück dass es draußen im wald
noch ein paar entlegene stellen gab
wo keiner sein schreien hörte

 

pics & words: © paulson 

 

 

This entry was posted on Sonntag, Oktober 11th, 2020 at 14:29 and is filed under 2020. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. Both comments and pings are currently closed.