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burg 361

und wie sie so ruhte
inmitten der wolken
als teil der kulisse
für den flug eines vogels
da stand er und staunte
wie schön alles war

 

pics & words: © paulson

 

burg 360

wolkenkissen weich wie samt
gemalt von unsichtbarer hand
zerflossne goldne farben
im weiten himmelsmeer

 

pics & words: © paulson

burg 359

wie sie kamen sich verschoben
wie von geisterhand gezogen
und ganz oben flogen
federwolken wunderbar

 

pics & words: © paulson 

 

burg 358

aus heiterem himmel
umspielten sie herrlich
das märchengemäuer
im nirgendwo geboren
aufgelöst im nichts

 

pics & words: © paulson 

 

burg 357

vogelzug und wolkenflug
uralte geheimnisse
viel älter als der mensch
und rätselhaft nicht minder

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 356

wenn man sich die absurden auswüchse
des heutigen materialismus anschaute
die monströsen luxuskreuzfahrtliner
die black fridays und cyber mondays
die modeschauen der haute couture
und wie sie alle hießen
diese hochfeste des spätkapitalismus
dann war doch so ein besuch
des weihnachtsmarktes auf der burg
noch ein recht bescheidener vorgang

wenngleich es im zweiten pandemie-jahr
nur ein winterzauberspektakel sein konnte

 

pics & words: © paulson 

 

burg 355

die lage und überschaubarkeit
einer solchen höhenburg
wirkte auf die menschen
aus vielerlei gründen magnetisch

wohl auch weil ihr besuch
das abenteuer einer rückkehr
in die zeit der vormoderne anbot
ohne entfremdung durch gleichschaltung
von sprache und geschlechterrollen 

dies heute zu behaupten
war politisch inkorrekt
und einigermaßen explosiv

unbewusst aber war das alte
ein bedeutendes motiv
weshalb es sie so hinzog
in diesen mikrokosmos
eines künstlichen mittelalters

so brachte sie den seelen der besucher*innen
auch eine entlastung von der moral ihrer zeit

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 354

bei der sehnsucht handelte es sich
um eine der mächtigsten seelengeburten

hier hatten sie eine auf den berg gestellt
die ihresgleichen suchte

 

pics & words: © paulson  

 

burg 353

in gewisser weise
war jeder besuch
auf der märchenburg
eine art selbstexperiment
weil das royale gemäuer
etwas mit einem machte
das nicht vorhersehbar war

 

pics & words: © paulson 

 

burg 352

 

das pochende herz
dieser flüchtigste teil in ihnen
strebte hinauf auf die feste
wo es sich erdung erhoffte
und doch wieder luftige höhen 
und immer neue fragen fand

 

pics & words: © paulson

 

burg 351

sie war ein mekka für romantiker
ein magnet für digitalzeitwesen
in deren uralten seelen
die ewigen rätsel hausten

 

pics & words: © paulson

 

burg 350

im bann der burg
besangen sie
das ewige seelenweh

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 349

die im strom der zeit untergegangenen

sklaverei
kastratengesang

elfenbeinhandel
monarchien
und wie sie alle hießen

gab es leider auch heute 
nicht nur auf alten aufnahmen
in antiquitätenläden
und als sehnsüchte einiger

die welt schien zwar besser denn je
wenngleich weit entfernt von gerecht

aber so mancher testosteronkrieger
verwandelte noch immer 
sein tyrannen-gen in realpolitik
im großen wie im kleinen

die burg tangierte das wenig
sie war aus totem stein
und bot die perfekte illusion
einer friedlichen welt

 

pics & words: © paulson 

 

burg 348

seit mehr als hundert jahren stand sie nun
als eine burg ohne reich auf dem berg

die allgemeine monarchenaustreibung
hatte sie vom ursprung der großen dynastie
in eine edel-immobilie mit aussicht verwandelt

 

pics & words: © paulson 

 

burg 347

die einen die herrscher
die anderen die beherrschten

das war nicht schön
das war nicht gerecht
aber so war die zeit

mit basisdemokratischen dialogen
konnte man in den dunklen zeiten
interessen nicht durchsetzen

es galt das recht des stärkeren

dass die herrschenden herrschaften
aus den tiefen des mittelalters
ausgerechnet von hier kamen

machte diese neue alte burg
zu etwas besonderem

wenngleich sich die jahrhunderte danach
auch nicht als viel humaner erwiesen
war die alte zeit doch besonders grausam

da konnte sie noch so schön glänzen

sie hatte ganz schön viel dreck am stecken

 

pics & words: © paulson

 

burg 346

wer selbst aus dem mittelalter kam
durfte es auch nachahmen

das galt für die hohenzollern
aber auch für nachkommen
die aus der leibeigenschaft 
hervorgegangen waren

heute gehörte die burg allen

und das war auch gut so

 

pics & words: © paulson

 

burg 345


damals
als sie die särge friedrichs des großen
und seines vaters des soldatenkönigs
von der evangelischen christuskapelle 

feierlich nach sanssouci verfrachteten
da wurde die hohenzollernburg
noch einmal für einen moment
ins politische bewusstsein gerückt

auf den schienen der deutschen bahn
hatte der langsamste zug der welt
ausnahmsweise einmal vorfahrt
und für die an der strecke
salutierenden royalisten germaniens
bedeutete dieses datum im jahr 1990
ein zweites begräbnis der monarchie

schon tags darauf herrschte aber wieder
ruhe
im fleißigen teutschen land 

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 344

atmemberaubend
wie sie den himmel über der kaiserburg
mit einem netz aus künstlichen wolken
minütlich immer noch dichter zuzogen
die stolzen interkontinentalflugkapitäne
mit ihrer freudig erregten inselfliegerfracht

war das nicht auch eine form von größenwahn
eine stratosphärische selbstüberschätzung
eine anmaßung fast schon komischen ausmaßes

dass sie dabei glaubten es sei ein menschenrecht
setzte dem ganzen noch die krone auf

so thronten sie rasend über allem
schon beinahe im kosmischen
während unten die arten starben
schneller als man sie zählen konnte

sorgen machten sie sich – wenn überhaupt
allenfalls um die teure eigene haut

sie nannten das lebensqualität
und die ganz kühnen nannten es freiheit

neulich stand irgendwo geschrieben

lieber gott
vergib ihnen nicht
denn sie wissen genau was sie tun

viele fanden das lustig
es hatte schon tausende von likes

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 343

die fantasie schenkte ihnen jene kraft
welche die gestalt die sie waren
in den menschen umbaute
den sie mögen konnten
und die ein paar steinmauern
in einen märchenort verwandelte

was wären sie 
was wäre alles
ohne sie

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 342

so stand sie denn als ein denk-mahl
für den hunger nach dem verlorenen
und jene die sie besuchten und bestaunten
waren zeitreisende in die welt von gestern
auf der ewigen so menschlichen suche
nach dem augenblick so schön

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 341

wo konnte man denn noch
zu einem traumbild hochfahren
ganz ohne 5d-brille

 

pics & words: © paulson 

 

burg 340

burgenhaft
gefangenschaft
weggeschlossen 
vor den artgenossen

verharren im warten
als zentrum von allem
endlich ganz bei sich

umströmet von zeit

 

pics & words: © paulson 

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burg 339

hier oben gab es 
frieden und freiheit
derweil sie sich unten
zum tode strampelten

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 338

natürlich ging es um macht und besitz
die zeiten waren brutal und ungerecht

keine frage die burgen wurden verklärt
die menschen dachten sie sich schön

es musste eine art von trunkenheit sein

 

pics & words: © paulson 

 

burg 337

sein talent für royale begeisterung
hielt sich einigermaßen in grenzen

so hätte er liebend gern gewusst
wer die vielen beteiligten waren
die dieses denkmal errichteten

von den steinbrucharbeitern
über die fahrer und lasttiere
die handwerker und handlanger
bis hin zu jenen die den reichtum
der bauherren erwirtschafteten
und durch harte arbeit absicherten

aber diese art von burggeschichte
wurde ihnen hier nicht erzählt

 

pics & words: © paulson 

 

burg 336

während die nachgeborenen
mit ihren filspantoffellatschen
durch die royalen räume rutschten
und sich geschichten anhörten
über die royalen verstorbenen
erkannte er sich und die anderen
bereits als die engel von morgen

eine dame sprach wie ein automat
ihre stimme verklang ganz langsam
als er in die jahrhunderte eintauchte
und in seinen fantasien verloren ging

dann war die burgführung beendet
und er hatte wieder einmal 
so gut wie nichts mitbekommen

 

pics & words: © paulson 

 

burg 335

das märchengemäuer
war ein wunderbares biotop
für seelenlandschaftserkunder

hier konnte man entdecken
was es noch so alles gab außer
kronen klunker kaiser und könige

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 334

abgesehen von den touristenströmen
kamen die schlimmsten  Angriffe
in der neuzeit aus dem erdinneren

der zollerngraben war sozusagen
den zahn der zeit nicht mitgerechnet 
der einzige verbliebene feind

 

pics & words: © paulson 

 

burg 333

am abend tanzten nebel
um die stolzen türme
die rabenvögel flogen
laut und schnurgerade
zurück in ihren wald
und unten auf den straßen
kehrten menschen von der arbeit
heim in ihr geliebtes zollerland

es war november
die tage wurden kürzer
und
es roch nach schnee

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 332

verglichen mit den schätzen
der hohenzollern-dynastie
wäre das schöne bauwerk 
nur eine bescheidene burg
auf einem alten zeugenberg
der mittleren alb gewesen
vor sich hin bröselnd
im strom der zeit

hätte nicht hier die lange reise
des mächtigen herrscherhauses
ihren anfang genommen 

 

pics & words: © paulson  

 

burg 331

bei den preußischen herrschern
äußerte sich das romantische wesen
in der sehnsucht nach zeitloser größe

so war es sicherlich nicht ganz falsch
die burg hohenzollern
als eine art kunst
am großmachtbau zu betrachten

 

pics & words: © paulson 

 

burg 330

immer war er sich bewusst gewesen
dass er das glück der geburt
in der richtigen zeit gehabt hatte
sonst hätte ihn der zufall
manche nannten ihn schicksal
in eine der vielen monarchien 
oder diktaturen hineingesetzt
mit welchen sich abermillionen
von menschen herumzuplagen hatten

stand diese burg nicht auch als ein symbol
für fremdbestimmung und freiheitberaubung
für unterwerfung krieg elend leid und tod
für entmenschlichung und machtmissbrauch
für den totalen entzug elementarster rechte

wenn sie sie dennoch liebten
so hatte dies sehr mit ihren träumen
und ihrem ästhetischen empfinden zu tun

das weniger schöne interessierte sie nicht
in der ganzen fülle ihrer möglichkeiten
oder sie wollten es einfach nicht sehen

 

pics & words: © paulson 

 

burg 329

als er nach dem zweiten lockdown
den burgberg nach vielen monden
wieder einmal emporgestiegen war
leuchtete ihm das adelsgemäuer 
in einem ganz anderen licht

er kam sich zwergenhaft vor
unter den bronze-titanen
verloren auf dem roten teppich
in den gängen und räumen
der königlichen herrschaften
befremdet angesichts dessen
was sie ihm dort vorführten
die größe und die bedeutung
der preußen hervorzuheben

einzig ein seifenblasen-artist
vermochte ihn und die kinder
an jenem tag im oktober
ein wenig zu verzaubern

etwas musste geschehen sein 
mit ihr und ihm und der welt

nachdenklich verließ er den ort
und er fragte sich wie es denn nun
weitergehen sollte mit ihm und ihr 

 

pics & words: © paulson

 

burg 328

wenn sie die windungen
der schnecke hochstiegen

waren sie mit jedem schritt
beflügelter und bereiter
sich verwandeln zu lassen

ganz oben angekommen
standen und schauten sie 
sich fragend und wartend
was das verborgene
mit ihnen machen würde

 

pics & words: © paulson 

 

burg 327

wenn die frühe sonne
aus der morgenschönen stieg
geschahen manchmal kleine wunder

manche standen und staunten

 

pics & words: © paulson 

 

burg 326

sie selbst
bot nur die hälfte des spektakels

die andere ereignete sich
im kopf des betrachters

 

xpics & words: © paulson

 

burg 325

eigentlich
war sie ja mehr mineralisch

aber irgendetwas organisches an ihr
ließ ihre herzen höher schlagen

 

pics & words: © paulson 

 

burg 324

in der nacht schien sie
am himmel zu schweben…
als ein goldenes raumschiff
aus dem fernen mittelalter

 

pics & words: © paulson 

 

burg 323

immer schneller drehte sich
das leben der menschen
eine nachricht jagte die andere
nicht mehr zu durchschauen
die flut an informationen
nichts mehr fertiggedacht
immer neues verbreitet
niemand hatte mehr
den blick auf das ganze

und während sie unten 
mit worten und zeichen
nur so um sich schossen
stand sie auf dem berg
still und höhenentspannt
über dem datengeklingel 

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 322

einer krone gleich
hatte der romantiker unter den preußenkönigen
den prachtbau auf den kalkkegel setzen lassen
die spitzen der türme zackig nach oben strebend
in die tiefen der schwäbischen himmel

dies erhabene bild ließ keine zweifel
an der bedeutung des ortes aufkommen

für die hohenzollern
war es ihr heiliger herkunftsberg

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 321

ob man sie durch wissen entzauberte
oder sich von ihr verzaubern ließ
mit kindlichem blick
hing ganz davon ab
ob man als mensch mehr sachlich
oder mehr seelisch geworden war

 

pics & words: © paulson

 

burg 320

jede burg begann in einem steinbruch

man vermutete jedoch
dass die allererste zollernburg
direkt aus den weißen kalksteinen
des berges unter ihr gebaut wurde

die behauptung sie sei damals
direkt aus dem fels gewachsen
war also nicht ganz falsch

 

pics & words: © paulson

 

burg 319

ihre gestalt wirkte augenblicklich
auf den betrachter weil sie von jeher
im kollektiven bestand von urbildern
in seiner seele vorhanden war

 

pics & words: © paulson 

 

burg 318

jeder von ihnen
war so eine burg

den anderen sichtbar
und doch gut verborgen

 

pics & words: © paulson

 

burg 317

was waren die bauwerke des sapiens
verglichen mit den bauplänen der natur

doch von allen hilfskonstruktionen 
des mängelwesens mensch
war sie noch eines der ansehnlichsten

 

pics & words: © paulson

 

burg 316

ob man sich nun platon wagner
den oldtimer-traktoren-club
hip-hop oder die burg reinzog
war im grunde fast egal

sie alle waren verzauberungsmittel
gegen die allgemeine entzauberung 
in einer welt der einsen und nullen
und sonstiger errungenschaften

 

pics & words: © paulson 

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burg 315

selbst wenn sie im hellen lichte stand
war sie doch immer auch ein zeichen
für die dunklen mächte im menschen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 314

sie war poesie aus stein

 

pics & words: © paulson 

 

burg 313

wenn mensch satt war sicher und frei
machte er sich auf die suche nach schönem

viele fanden auf ihrer reise das burggemäuer

was sie dabei spürten blieb ihr geheimnis
aber man sah dass es ihnen gut ging
wenn sie wieder durchs tor kamen

 

pics & words: © paulson

 

burg 312

in der musik
war es manchmal
ein einziger akkord
der die seele ergriff

hier war es ein einziger blick

 

pics & words: © paulson 

 

burg 311

die verzauberung
die ihnen dort widerfuhr
kam nicht vom gemäuer

sie entsprang ihren seelen

auf wundersame weise
gelangten sie hier oben
in die nähe zu sich selbst

 

pics & words: © paulson 

 

burg 310

burgmenschen
verschlossen die seelentore
und träumten von eroberung

ob dann wirklich einer kam
war eher nebensächlich

es ging ihnen letztlich
um das sehnen selbst

 

pics & words: © paulson

 

burg 309

den großen kindern drunten im tale
war sie erinnerung und relikt
aus ihren jungen jahren

sie schenkte ihnen ruhe und trost
und so manch verträumter blick
fand den weg hinauf zur altvertrauten

 

pics & words: © paulson

 

burg 308

natürlich ging es auch hier um liebe

was denn sollte diese burg sein
wenn nicht ein akt der liebe
ein denkmal der schönheit
und dessen was menschen
in der lage waren zu erschaffen

es gab gar kein anderes thema
auf dieser welt als die Liebe
abgesehen von ihren gegenspielern
die allesamt sie alleine hervorbrachte

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 307

er schaute hoch zur wehenden preußenflagge
die anzeigte dass sich seine königliche hoheit
samt familie auf dem stammsitz befand

er sah ihn dort auf dem fahnenturm stehen
und hinaus ins weite land blicken
und er stellte sich vor
wie der thronfolger die welt betrachtete
und wie er sich fühlen musste
weil heute alle wie könige lebten
und prinzen der herzen sein konnten

dass sie frei waren und sein durften
was immer sie auch wollten 
fand er absolut in ordnung

aber tief in in ihm drinnen
wohnte doch die gewissheit
der einzig wahre zu sein

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 306

die musik
welche herunterklang
zog sie in ihren bann

viel mächtiger als worte

manchmal folgten sie ihr

oben angekommen aber
war sie verklungen

 

pics & words: © paulson 

 

burg 305

weil der mensch nicht nur war
sondern auch wusste dass er war
und bald nicht mehr sein würde
machte er sich all diese gedanken
um leben sterben gott und die welt

deshalb liebte lachte und weinte er
deshalb war er immer am machen
verkämpfte sich für ein gutes leben
und ein kleines bisschen glücklichsein

so erschuf er auch märchenhaftes
in diesem dasein grausamschön

 

pics & words: © paulson

 

burg 304

nicht nur hier oben

immer und überall

war nichts stärker 
als die kraft der seele 

eigentlich wussten sie das

dennoch kämpften sie um den verstand
als wäre er eine mittelalterliche burg

wehe ihnen
wenn sie diesen kampf verlören

 

pics & words: © paulson 

 

burg 303

 

aus dem verlangen nach bedeutung
schufen die menschen tatsachen

auch diese burg war zweifellos
viel mehr als ein bauwerk

 

pics & words: © paulson

 

burg 302

freilich – es mochte schon sein
dass der sapiens wissend war
aber klug war er gewiss nicht

denn stets fand er immer 
noch ein neues geschäft
bei dem er umherlärmen
und den ruhesuchenden
auf die nerven gehen konnte

dabei brachte ihn das vorhandensein
seines absurden krachmaschinenparks
überhaupt erst auf die idee
für das jeweils nächste geschäft

für den einzelnen krachmachersapiens
war die maschinenpark-nutzung
stets ein feierlicher akt der selbsterhebung
aber der lärmende war gewiss nicht der einzige
dem dabei ein schauer über den rücken lief

so heilsam bei allem die schöne dort oben
und die stille welche sie nach unten sandte
während die maschinenpark-ranger
sich selbst und alle beschallten
und das idyll im tale verwüsteten

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 301

inzwischen hatte er durchaus gelernt
mit den maschinengeräuschen zu leben

immer war da gerade etwas in der luft
im konzert von zischen schleifen blasen

mähen sägen fräsen oder dem sagenhaften
beschleunigen der desperado-bikes und -boliden
diesem nur noch von kampf-jets zu toppenden
gänsehaut erzeugenden klangerlebnis

insgesamt war er problemlos in der lage
den diversen sounds etwas abzugewinnen
er ging sogar soweit zu sagen dass sie ihm 
eine art
wohlfühlatmosphäre erzeugten

gruselig fand er freilich das verstummen
der so vertrauten apparate-beschallung

einmal als es absolut still war
da fürchtete er sich augenblicklich
und wählte gleich die notrufnummer

sie meinten sie würden sich 
seinen namen aufschreiben

das beruhigte ihn

noch viel mehr aber tröstete ihn 
das bild der schönen in der höhe
welche nur wenige minuten später 
von kondenzstreifenmustern reich verziehrt
wieder im wohligen maschinensturm stand

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 300

man musste nicht an gespenster glauben
um den geist des ortes zu erspüren

auch wenn man in einem nachbau
des historismus unterwegs war
stieg dieser doch sehr mächtig
aus einem jahrtausend burggeschichte

wer sie verspottete hatte keine ahnung

 

pics & words: © paulson 

 

burg 299

wer glaubte diesen prachtbau
als bloßen schein entlarvt zu haben
der verkannte die bedeutung des bildes
in der menschlichen vorstellungskraft

 

pics & words: © paulson

 

burg 298

wenn man das künstliche
auf historischen grund baute
dann entstand ein doppelwesen
von dem man sagen konnte
dass es weder echt noch fake war

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 297

immer lebten sie in zwei welten

in jener des gesellschaftlichen realismus
und in jener des privaten wünschens

jeder von ihnen musste wenigstens
diese beiden in einklang bringen

der märchenbau war wie geschaffen
für das glauben hoffen und träumen
für die sehnsucht nach dem vorstellbaren

 

pics & words: © paulson 

 

burg 296

natürlich bestand der katalog
an sogenannten preußischen tugenden
nicht nur aus militärischen begriffen
oder aus pünklichkeit ordnung und fleiß

vernunft toleranz der sinn fürs schöne
gehörten dort ebenso mit hinein
wie fortschritt und verantwortung

das wollten viele nicht wissen

ein besuch auf der stammburg
und ein paar stunden lektüre
in politik und geschichte
hätte dabei helfen können
diese einseitigkeit zu
beseitigen 

aber dafür hatten die beschleunigten
weder zeit noch bereitschaft

man lebte ganz gut
in seiner glaubensblase

 

pics & words: © paulson

 

burg 295

die vom mons solaris abstammenden
breiteten sich durch politisches kalkül
geschicktes heiraten und aufrüstung
über die teutschen lande aus
und schwangen sich so auf
zur bedeutenden großmacht
welche sie im großen krieg
dann selbst wieder abschafften 

 

pics & words: © paulson 

 

burg 294

mit preußischer disziplin und gründlichkeit
ließen preußische bauherren und architekten
die burg von schwäbischen handwerkern
handlangern und arbeitstieren errichten

die ersten gaben die mittel
die zweiten und dritten wissen und erfahrung
die vierten und fünften muskelkraft und schweiß

 

pics & words: © paulson

 

burg 293

die burg-verwaltung lud zu träumereien ein
und bot dafür den idealen schauplatz

wer dort oben nichts fühlte
konnte als hoffnungslos gelten

 

pics & words: © paulson 

 

burg 292

 

manchmal spielte er mit der vorstellung
wie es wohl wäre
wenn man sie einfach sich selbst überließe
die tore schließen warten und zuschauen
wie der zahn der zeit an ihr nagt
und wie sich das gehören würde
in einer digitalisierten welt
alles mit kameras dokumentieren
in echtzeit für alle ins netz stellen
mit allen erdenklichen details
von außen innen oben und unten
mit zusätzlichen zeitraffersequenzen 
die den verfall miterleben ließen

und nach wieder tausend jahren
so stellte er sich vor
würde ein grün überwucherter
zeugenberg der alb übrig sein

und der kreis wäre geschlossen

 

pics & words: © paulson

 

burg 291

die langeweile passte gut
zur langsamkeit der burg

hochgehen hieß hier runterkommen

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 290

herrlich still und erhaben
schwebte sie überm land

als wär sie in den himmel gebaut

so mancher erstbetrachter mag sie
für eine erscheinung gehalten haben

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 289

herren und knechte
hütten und paläste
so war das früher
so ist das noch heute
es gab schon immer
verschiedene Leute

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 288

säbel orden und krawatten
waren nicht mehr so angesagt

heute gab es andere symbole
zur betonung von bedeutsamkeit

die männer der hohenzollern
so hörte man gelegentlich
trugen bei festlichen anlässen
noch immer ihre hausorden

das nannte man wohl tradition

aber es war doch von gestern

ob es letztlich ganz weg konnte
würde allein das morgen zeigen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 287

mit dem anbrechen der moderne
stellten die alten herrschaften
den mythos mittelalterlicher ritterlichkeit
in die romantische landschaft der alb
damit die eigene größe nie vergehe

doch schon drei generationen
und zwei katastrophen später 
war die herrlichkeit perdu

die postmodernen massen
erstürmten das märchengemäuer
zum zwecke der selbstentzückung
und die dynastie der hohenzollern
war im strom der zeit baden gegangen

 

pics & words: © paulson

 

burg 286

natürlich spielte der zufall eine wichtige rolle
auf dem langen weg der hohenzollern
von der ersten bescheidenen burg 
durch die deutsche geschichte nach oben

ein würfelspiel aber war das nicht gewesen

wenn man einen solchen aufstieg hinlegte
brauchte es ganz gewiss
einen nachhaltigen willen zur macht
und ein ausgesprochen feines gespür dafür
wann man die zügel etwas loslassen muss

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 285

sie symbolisierte den steilen aufstieg
eines grafengeschlechts
vom rande der schwäbischen alb
zu königen kaisern und großmacht

die welt wäre eine andere
wären sie grafen und zu hause
in schwaben geblieben

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 284

wer sich romantisch auf sie einließ
war bereit das andere auszublenden

doch hinter dem schönen bild
verbarg sich ein politischer kosmos

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 283

dort oben auf dem berg
fühlten sie sich
leicht und frei

es ging das gerücht manche seinen 
nach dem burgbesuch
zurückgeflogen

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 282

der gang durch die säle
und gänge war ein seiltanz
auf der grenze zum unbewussten
zumindest für jene
die mit einbildung wandelten
aber auch jene
die es mit bildung versuchten
verwandelten sich gelegentlich
in traumgestalten

 

pics & words: © paulson

 

burg 281

es gab nur einen zugang zur burg
aber die herzen
kannten unendlich viele wege

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 280

schon seit ewigen zeiten
zogen krähen am trauf entlang
aber erst seit tausend jahren
sahen sie dabei eine burg

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 279

die stille
war der schatz ihrer zeit

es gab sie nur noch auf inseln

sie war eine

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 278

da war ein dröhnen
im maschinenland 
unter der burg

aus den häusern
aus den gärten
von den straßen
hoch vom himmel
tönte pausenlos
stählerner klang

erst am abend
erlöste ein regen
die seelen der stillen

 

pics & words: © paulson 

 

burg 277

die schwaben waren ein fleißiges völkchen
und so übersahen sie manchmal
was ihnen da auf dem berg rumstand

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 276

im sandkasten bauten sie noch burgen
uneinnahmbar und mit wassergraben

später schlossen sie versicherungen ab
allumfassend und mit vollkasko

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 275

so manche facebook-prinzessin
war dem mittelalter erlegen
der zeit als jungs noch prinzen
autos noch pferde 
und sterne noch blau waren

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 274

nicht mehr im mittelpunkt zu stehen
war überaus entspannend

so wurde sie jeden tag
immer nur noch schöner

und je schöner sie wurde
desto mehr kamen
um sich aufzunehmen

sie stand als hintergrund
in der sonne und strahlte

was für ein herrliches leben

 

pics & words: © paulson

 

burg 273

sie wollte schon lange nicht mehr wissen
wer die besucher waren

ließ sie einfach kommen und gehen

die meisten machten bilder von sich selbst

sie war nur noch die kulisse
daran hatte sie sich längst gewöhnt

es gab schlimmeres

 

pics & words: © paulson

 

burg 272

unwirklich
schwebte das schloss
über dem weltgewimmel

 

pics & words: © paulson 

 

burg 271

die herrschaft der verfügbarkeit
von allem und jedem zu jeder zeit
löste in ihnen ein großes verlangen
nach zwanglosen freiräumen aus

sie war ein ort
wo sich die seelen
zwecklos und spielerisch
tagträumend wiederfanden

 

pics & words: © paulson

 

burg 270

während die bedeutungshungrigen
ihre spinnennetzartige datenkrake
in irrsinniger geschwindigkeit
über den gesamten erdball zogen
und alle menschen vollkommen
abhängig darin verwickelten
ragte die burg in analoger schönheit
aus der als bunte vielfalt verkauften
monotonen gleichmacherei heraus

erhaben und heilsam stand sie
im daten- und warensturm 
der schönen neuen welt

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 269

zweifellos
ging es den anführern aller zeiten
allein um das wohl ihres volkes

worum hätte es ihnen
auch sonst gehen sollen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 268

wer ohne furcht ist
der springe da hinein
sagte der ängstliche
am rande des abgrunds

wer feige ist
der lasse das leben sein
meinte darauf der mutige

sie zögerten noch
waren aber drauf und dran
den sprung zu wagen

schluss mit dem unsinn
kam es von oben vom schönen
kommt hoch wir tanzen ne runde
lasset die sorgen jetzt sein
der walter stimmt schon die Laute
und der könig liegt schnarchend im wein

was zögert ihr noch
muss ich euch zweimal bestellen
wenn ihr lieber streitet und sterbet
dann tanz ich eben allein

schließlich sprang der eine
er fiel lautlos wie ein stein

der andere ging nach oben
tanzte trank und sang
bis in den morgen hinein

 

pics & words: © paulson 

 

 

Burg 267

erst wolkenbildner und beleuchter
zauberten jenes naturtheater
in welchem die märchenschöne
so atemberaubend zur geltung kam

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 266

wie flaschengeister wuchsen die wolken
über der schönen ins preußischblau

was genau die aus der ersten burg
in die welt aufgestiegenen hohenzollern

den deutschen landen gebracht hatten
unter dem gesamthistorischen strich
da waren sich die geschichtsgelehrten
im befreiten land nicht so ganz einig

mit einer abschließenden antwort
war auch nicht mehr zu rechnen

die wusste allein der himmel
und der zog es vor zu schweigen

auch das himmlische kind
hätte man noch fragen können

aber das hatte die zeit wieder mal
über alle berge geschickt

 

pics & words: © paulson 

 

burg 265

dass die sprößlinge
aus dem kargen kalksteinkegel
später fürsten und feldherren
kurfürsten könige und kaiser wurden
war schon einigermaßen imposant

wenn sie dann aber zusätzlich 
zu ihren regierungs- und kriegsgeschäften

sinfonien komponierten märchenburgen bauten
dichteten philosophierten und sogar flöteten
so machte das zumindest einige von ihnen
auch noch zu sinnlichen feingeistern

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 264

natürlich durfte man träumen
wenn dadurch ein leben 
besser und schöner wurde

aber die ersehnte welt
für die wirkliche zu halten
barg zahlreiche gefahren

solange einer wusste
dass er nur träumte
war noch alles gut

 

pics & words: © paulson 

 

burg 263

so ganz genau war ihm nicht klar
warum ihn der mythos einer burg
so viel mehr in den bann zog
als jener von technik konsum
und grenzenloser mobilität

vielleicht war es deshalb
weil er dem lauten tempo
der fortschrittsversprechungen
der sogenannten modernen zeit
schon lange nicht mehr 
zu folgen bereit war

er suchte einen haltepunkt
im geschwindigkeitssog 
des digitalen zeitalters

sie war ihm dieser punkt

stille und entschleunigung
in ihrer schönsten form

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 262

 

könige gab es in allen lebensbereichen

die meisten hatten nicht mal ne burg

sie besaßen etwas herausragendes
das andere nicht hatten

van morrison war so einer

der hatte gold in der stimme

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 261

die durchs leben sich zappelnden
sollten auf ihrer bewegungsreise
die märchenschöne auf dem berg
auf keinen fall vergessen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 260

klingend stand sie
langsam sterbend
in der musik der welt

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 259

wer in der massengesellschaft
unter entzauberung litt
war hier genau richtig

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 258

sie war eine insel auf der heimatscholle

man konnte da einfach kurz hinfahren
und hochsteigen um runterzukommen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 257

sie befand sich irgendwo
zwischen kunst und geschichte
zwischen himmel und erde
zwischen gefühl und verstand

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 256

so stiegen sie zwar nach oben
in wahrheit aber lockte es sie
in die tiefen des seins

 

pics & words: © paulson

 

burg 255

dass sie ein teil der natur waren
hatten sie längst verdrängt
viele hätten es gar geleugnet

dabei zeigten sie es in allen lebenslagen
nicht nur dort wo der kaiser zu fuß hinging

was sonst hätten sie auch sein sollen
die von muttertieren in die welt geworfenen
jäger und sammler von glücksmomenten

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 254

die eigentlichen großmächte im menschen
wohnten tief in seinem inneren

was nach außen verlautete
war selten das wahre

dieses hauste als wille zu selbstbehauptung
und selbststeigerung in ihnen

letztlich waren sie instinktwesen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 253

es war die sehnsucht nach geheimnissen
die sie magisch und magnetisch
zur märchenhaften führte

sie wussten intuitiv
das leben war viel mehr
als das berechenbare
das helle und offenbare

ein tiefes meer von mehr

unter der oberfläche
lockte sirenengesang

deshalb kamen sie

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 252

schöner konnte man sich 
die daseinsreise kaum versüßen
als mit ‘nem traum von bild von ihr

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 251

was man sah hing davon ab
ob man sie mehr
realistisch
oder idealistisch betrachtete

manche versuchten beides zugleich
mit jeweils einem auge

was zu sehstörungen führen konnte

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 250

burgen sind dafür bekannt
dass sie lieber schweigen

wenn sie plötzlich anfängen
aus ihrer geschichte zu plaudern
würde man sie höflich bitten
doch besser die klappe zu halten

so hat eben alles und jedes
seine ureigenste bestimmung

da kann sich die verquatschteste
unter ihnen noch so sehr aufregen

(welche das ist wird nicht verraten)

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 249

stattlich
wehrhaft

schweigsam
autark

ein bild von burg
dort auf dem berg

ins tal lächelnd

in sich ruhend

uneinnehmbar
unaufschließbar

überlegen

erhaben und fern

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 248

letztlich war sie nur ein großes haus
mit türmchen kapellen sälen
und vielen vollgestellten zimmern
eine ziemlich alte immobilie
in unverbaubarer aussichtslage
für fürsten könige und kaiser
mit juwelen im keller
und leichen im gästebuch

mehr nicht

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 247

jedes große gefühl
war eine selbststeigerung
eine erhebung über das normale
ein highlight im dunkel der nacht
eine entzückungsspitze mit gänsehautgarantie
ein wenig abheben ein wenig schweben
ein kleines bisschen glücklichsein

deshalb rasten reisten und liefen sie
deshalb sprachen lasen und schrieben sie
deshalb sangen tanzten und liebten sie

was immer es war das sie taten
hauptsache es weinte in ihnen
im süßen wohligen sein

und so kamen sie auch
um hinaufzusteigen
zur himmlischen

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 246

die globale seuche hatte auch ihre vorteile

einer beträchtlichen anzahl an menschen
war ein böses trauma erspart geblieben
weil die häufigkeit von wohnungseinbrüchen
dank corona stark zurückgegangen war
selbiges konnte man auch für diebstähle
raubüberfälle und andere delikte sagen
ebenso kam es zu weniger verkehrsunfällen

der himmel war wieder blau statt gestreift
die tier- und pflanzenwelt entfaltete sich
wie letztmals vor dem dreißigjährigen krieg

familienmitglieder lernten sich
zum ersten mal so richtig kennen
vormals dauerpumpende muskelboys
schrumpften zurück auf normalmaß
so mancher schwerbeschäftigte
las seinen allerersten roman

und der verhinderte thronfolger
hatte monatelang die burganlage
als historischen abenteuerspielplatz
exklusiv für sich und die seinen

von ein paar handwerkern abgesehen
die endlich einmal ganz in ruhe
zu werke gehen konnten

 

pics & words: © paulson 

 

burg 245

kleine kinder bauen burgen aus sand
große kinder bauen burgen aus stein

auch der wird irgendwann zu sand
so wie das ganze große erdenland

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 244

auch dieses bauwerk war das ergebnis
mysteriöser vorgänge im menschen

so wie die ursprünge der ersten burg
diffus in der zeit verborgen lagen
so verhielt es sich auch 
mit den motiven der sterblichen

wie sie durchaus nicht wussten
woher all die vielen worte kamen

kannten sie die tieferen quellen
ihres eigenen handelns nicht

dass sie dennoch beharrlich glaubten
zu wissen warum sie die dinge taten 
machte alles nur noch unheimlicher

im grunde war das was sie da trieben
das ganze irdische menschengewusel
auf der wässrigen blauen kugel im all
eine gigantische und wundersame
abfolge von unbegreiflichkeiten

all ihre nöte wünsche und freuden
die errungenschaften und verfehlungen
alle gesellschaften und gemeinschaften
ihr ganzes streben schaffen und tun

so lebten sie ihr sonderliches dasein
zwischen woher wozu und wohin

in einem bizarren rätseltheater
und wie jedes einzelne erdenkind
waren auch jene von der burg
auf dieser bühne erschienen
und bald wieder verschwunden

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 243

sie war ein märchen 
aus träumen und stein

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 242

an manchen tagen fragte er sich
ob da wirklich dieser zauberbau
auf dem zauberberg stand
oder ob ihn nicht doch
die einbildungskraft
dort hinaufgestellt hatte

vielleicht stimmte ja beides

 

pics & words: © paulson

 

burg 241

die unermüdlich tüchtigen
ließen für ein paar stunden
die harte realität hinter sich
betraten ein fantasiegebilde
aus märchen und mythen
und kehrten dann weicher 
gestimmt wieder heim

 

pics & words: © paulson 

 

burg 240

wenn sie zu ihr hoch stiegen
unternahmen sie ganz bewusst

den schritt zurück in die kindheit

sie wollten träumen und spielen
wenn sie um die türme gingen

in den gedanken verloren
wurden sie außen klein
und innen ganz groß

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 239

so zogen sie hinauf ins märchenhafte
und entkamen für eine kleine weile
den angeblich unverhandelbaren
realitäten der gegenwart

 

pics & words: © paulson / music: youtube artists

 

 

burg 238

bestimmt wäre es übertrieben gewesen zu behaupten
die romantik im menschen sei eine geisteskrankheit

aber in die richtung ging es schon

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 237

im grunde war sie gar keine burg

weder gab es etwas zu verteidigen
noch plagten sie ängste
auch hatte sie nichts zu verbergen

wer sie als burg bezeichnete
lag völlig daneben

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 236

so mancher zollernälbler
reiste nach new york

und war noch niemals auf dem
prussian empire birth building

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 235

sie spielte nur eine kleine rolle
im großen welttheater

aber die spielte sie überzeugend

 

pics & words: © paulson / music: youtube artists 

 

 

 

burg 234

jeder sah eine andere burg
andere farben und formen
andere bilder dahinter

ein fest der vorstellungen
wurde so zum ich-erlebnis
in einer angeblichen wirklichkeit

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 233

das erhabene
überstrahlte alles
und rettete ihnen
quasi das leben

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 232

die verwandlung
die ihnen hier geschah
war eine verzauberung…

eine versunkenheit
die an trunkenheit grenzte

 

pics & words: © paulson 

 

burg 231

schwarz und weiß waren die farben der preußen
schwarzweiß war auch das denken über sie

dabei gab es so viele schattierungen dazwischen

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 230

die menschen waren nicht zornig
weil die herren dieser burg
ihre vorfahren beherrscht hatten

der schöne anblick stimmte sie milde
so wie die fast unbegrenzte freiheit
die sie seit generationen genossen

so nahmen sie sie im sturm
– aber mit den herzen –
den von der zeit geheilten

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 229

dass sich der entmachtete thronfolger
noch immer mit königliche hoheit ansprechen ließ
war wohl mehr selbstironischer theaterzauber

jedenfalls blieb das zu hoffen

andererseits und angesichts dessen
was er hätte sein können…

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 228

jeder baute sie auf eine andere weise
in seine eigene welt ein

fast alle wussten dass sie nur spielten

zum glück

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 227

als die menschen so frei waren wie nie
sehnten sich manche zurück in eine welt
die alles andere war als frei

einzelne behaupteten allen ernstes
diese welt habe niemals aufgehört zu sein

dies zu sagen schien mehr als verwegen
aber der wahn war teil ihrer freiheit
genau wie die toleranz die ihn ertrug

so menschelte es pausenlos unten im tal
während sie gelassen über ihnen thronte

 

pics & words: © paulson

 

burg 226

es gab zeiten unter der burg
da geschahen grauenvolle dinge

damals während der gewaltherrschaft
entmenschlichter deutscher männer
die das ganze land und halb europa
mit ihrem schrecken überzogen 

und auch entlang des albtraufs
wehrlose zu tode gequält hatten

so gefühlskalt und unbarmherzig
gingen die herrenhenker zu werke

dass den gepeinigten die tränen froren
weil ihnen in pausenloser todesangst 
keine zeit mehr zum weinen blieb

dass die täter dann am ende
auch noch die listen mit den namen
der ermordeten verschwinden ließen
zeigte das ganze ausmaß ihrer niedrigkeit

nach dem ende des staatlichen terrors
sorgten dann die alliierten befreier dafür
dass die opfer ihre würde zurück bekamen 

als es um die schuldfrage ging war es wie immer

einige stellten sich der verantwortung
andere wollten nichts gewusst und gesehen haben
und der große rest schwieg und verdrängte 

inzwischen war viel gras und wald darüber gewachsen
und der kz-friedhof lag verborgen neben der schnellstraße

naturgemäß wollte sich nicht jeder
mit diesem kapitel von heimatkunde befassen

wer aber wissen wollte welche herzzerreißenden tragödien 
sich da tausendfach am fuße der burg zugetragen hatten
konnte das dank der arbeit einer gruppe von menschen tun
die unverdrossen gegen das vergessen ankämpften

jene die keine scham empfanden fragten

warum nicht einfach vergessen?

die antwort 

es ist noch immer derselbe mensch

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 225

 

sie verband die menschen
märchenhaft miteinander

wer in ihrer nähe wohnte
spürte diese einende kraft

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 224

ob sie kunst war oder künstlich
hing im grunde ganz davon ab
ob man sie mit dem verstand
oder mit dem herzen sah

 

pics & words: © paulson 

 

burg 223

ihre magische kraft
strahlte übers land
die leute wurden still
und träumten ein wenig

 

pics & words: © paulson 

 

burg 222

es ging nicht darum
ob sie alt war
es ging nicht darum
ob sie wahr war
es ging nur darum
dass sie da war

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 221

auch wenn es nur ein augenblick war –
der blick hinauf war stets ein glücksmoment

 

pics & words: © paulson 

 

burg 220

letztlich war sie ein rädchen
im preußischen machtgetriebe
– ein symbol deutscher größe
die im größenwahn endete

im demokratischen deutschland
mutierte der zauberberg dann
zur romantischen kulisse
für empfindsame seelensucher
und heiratswillige aus fernost

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 219

die verklärung von macht männlichkeit und militär
führte letztlich in die katastrophe der weltkriege

sie spielte darin keine rolle

im gegensatz zu ihren erbauern

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 218

die vollendung der neuen alten burg
fiel mitten hinein in den freudentaumel 
des gegen den erzfeind errungenen sieges

dazu passte dass man ihre schokoladenseite
gen westen ausgerichtet hatte 

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 217

den auftraggebern der burg war die romantik
nicht gerade in die wiege gelegt worden

so handelte es sich beim mittelalterlichen nachbau
wohl eher um ein symbol von herkunft und macht

verträumtheit war im maschinenzeitalter
ohnehin nicht das allererste erfordernis

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 216

auch in der eisenharten politik der preußen
musste es einen romantischen zug gegeben haben

sonst hätten sie dieses bauwerk nicht hervorgebracht

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 215

während die postmoderne
arbeits- und dingegesellschaft
produkte in die welt warf
als gäbe es kein morgen
entfloh man der konsumkälte
durch einen ritt auf die burg
die man zu etwas machte
das sie natürlich nicht war

mit ein wenig wärme im bauch
kam man wieder runter vom berg
zurück ins perfekt durchglobalisierte
alle umwelt verwüstende räderwerk

 

pics & words: © paulson 

 

burg 214

menschen waren unfassbar kreativ

was sie nicht alles bauten und machten
und gemeinsam zustande brachten

sie waren einfach großartig
lebenskünstler allesamt

als spezies aber würden sie bald
lustvoll untergegangen sein

wie ein herrschergeschlecht
das zu schnell gewachsen war
über seine verhältnisse gelebt 
und schließlich abgedankt hatte

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 213

wer sie gar lächerlich machte
der sollte sich einmal fragen
warum er es nötig hatte
solches zu tun

sich über das erhabene stellen
war ein verwegenes
welches an hochmut grenzte

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 212

wer bei ihrem anblick
dieses hochgefühl

nicht in sich spürte
dem fehlte vermutlich
ein baustein zum glück

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 211

im romantischen erlaubten sie sich
pathetisch zu sein

was wenn nicht die schöne burg
auf dem berg vor der blauen wand
hätte sich besser dafür geeignet

so kamen sahen und schwärmten sie
wovon – das wussten sie nicht wirklich

aber etwas in ihnen jubelte

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 210

so wie das märchenhafte abbild des alten
die träumemenschen nach oben zog
so gab es nahezu unzählige ziele
für die nach glück strebenden sapiens

die auf dem planeten sinnlos gestrandeten
schufen und suchten pausenlos
bedeutungen beachtung gemeinschaft

auch das weltumspannende wundernetz
versammelte die nebulös umherirrenden
an allen denkbaren und undenkbaren orten

die schrägen rebellen
die abstrusen theoretiker
die absurden selbstdarsteller
die monströsen volksverführer
die burggedankenromantiker
und all die anderen gestalten
diese mehr oder weniger harmlosen
digitalen jahrmarktständebetreiber

und ihre nach inhalten suchenden
durchs labyrinth streifenden follower 

ob sie nun burgen oder begriffe bauten
ein ganzes volk oder ideen beherrschten 
immer waren sie könige und getrieben
von einem gewaltigen kosmischen willen
und der sehnsucht nach liebe und sinn

und immer gab es solche
die schönes hervorbrachten
aber auch jene
die dieses nicht ertrugen
und stets danach trachteten

es wieder kaputt zu machen

mitunter waren es ein und dieselben

und auch wenn sie lächelten
sich dabei entspannten
ihr dasein genossen

so blieben sie doch stets
die unstillbar durstenden
in die welt geworfenen
unermüdlich suchenden

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 209

müde stand er am fenster
sein auge suchte sie
blieb am trauf hängen
suchte noch einmal

es war ein klarer tag
sie war nicht mehr da

im netz war ihre seite gelöscht 
auf dem rathaus meinte eine frau
sie wisse nichts von einer burg

er rief die polizei an 

gegen mittag kamen sie ihn holen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 208

ganz am ende meinte sie noch
er sei überhaupt kein freund
weil er gerade in den zeiten
als sie ihn gebraucht hätte
die augen verschlossen hatte
um seinen flow nicht zu stören

er war jedes mal heilfroh
wenn er erwachte und realisierte
dass es nur ein albtraum war

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 207

er hätte ihr gerne noch gesagt
dass er schließlich nicht der allmächtige sei
aber da war sie mit den nerven schon durch
und im grunde genommen gar nicht mehr da

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 206

 

in den wochen vor ihrem abtransport
hatte sie sich geweigert mit ihm zu sprechen
und weil er sie einmal schmollerburg genannt hatte
drehte sie das, was noch von ihr geblieben war
augenblicklich auf die seite wenn sie ihn kommen sah

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 205

seit er geträumt hatte
sie hätten die burg abgebaut
und nach saudi arabien verkauft
litt er an schlimmen schlafstörungen

und wenn er dann endlich mal einschlief
träumte er gleich wieder von ihr

es war ein teufelskreis

 

pics & words: © paulson 

 

burg 204

die seele der sterblichen

ein verwunschenes schloss mit tausend türen
dahinter ein labyrinth von welten

rätselhaften verlockenden erhabenen

wer den mut hatte da hinein zu gehen
der konnte was erleben

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 203

früher war gewiss nicht alles besser

aber manches war schon ziemlich gut

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 202

mitunter war es nur ein schmaler grat
zwischen kitsch und großer kunst

manchmal waren sie auch ein und dasselbe

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 201

die geschichte der ersten beiden burgen
lag versteckt im dunkel der jahrhunderte

die dritte aber stand strahlend schön
auf dem zeugenberg vor dem albtrauf

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 200

hinter den romantischen gemäuern
spürten sie wieder eine lebendigkeit
die man ihnen ausgetrieben hatte

jenseits der logik der algorithmen
suchten die digitalen eingeborenen
instinktiv nach dem unberechenbaren 

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 199

da war diese stimme vom berg
die schönes versprach

so zog es sie hinauf 
ohne dass sie wussten

wie ihnen geschehen würde
wenn sie hinter den mauern verschwanden

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 198

vermeintlich unsterblich stand sie da
während sie kamen und gingen

aber natürlich täuschte der eindruck

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 197

die sicherheit einer burg
konnte zugleich ein gefängnis sein

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 196

mit ästhetischer würde
strahlte sie silbern
hinaus in den tag

den menschen im tal
gab sie das gefühl
dass es ein guter war

 

pics & words: © paulson 

 

burg 195

als eine insel von beständigkeit
stand sie im fluss der vergänglichkeit

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 194

wer nach märchen suchte
war hier am goldenen ort

der durfte sie tanzend umkreisen
frei schwebend und selig bereisen
auf herrlichen wegen und pfaden
den erträumten und den realen
da sie schön über ihm thronte
ihn mit ihrem zauber belohnte

er hatte nach märchen gesucht
und war hier am goldenen ort

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 193

manche bauten burgen
um über dem abgrund zu sein

dabei erschufen sie diesen erst

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 192

natürlich war sie nicht nur erhaben und schön

das machte sie ja erst besonders

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 191

sie erzählte eine geschichte
die sie mit dem herzen verstanden

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 190

als er dem sänger mit der hohen stimme lauschte
stellte er sich ritter in einer karawane vor
die auf dem weg zur schlacht waren
und deren seelen als heulende wölfe erklangen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 189

burgbau war eine sicherheitsvorkehrung
vor den zeiten der vollkaskomentalität

 

pics & words: © paulson 

 

burg 188

sie kamen mit einer gestimmtheit

in den mauern erklang dann
eine musik die sie mitnahmen
und in sich trugen für lange zeit

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 187

ihre große beliebtheit
war auch ein syndrom der zeit

sie alle waren so sehr durchgetaktet
konsumeifrig und dauerverkabelt

– da konnte sie gar nicht anders
als balsam für die seele zu sein

 

pics & words: © paulson / music: youtube artists 

 

burg 186

was sich da zwischen den türmen abspielte
war eine harmlose form von realitätsflucht

ein wenig geschichte
ein wenig königshaus

ein wenig feudales geglitzer

die meisten der burgbesucher
wünschten sich ganz gewiss
kein deutsches reich zurück

sie wollten nur schauen
spüren und träumen

und gast im erhabenen sein

 

vergrößern: strg  +++ / verkleinern: strg  – – –
pics & words: © paulson 

 

 

burg 185

irgendwo zwischen tag und traum
besuchten und durchwandelten sie 

diesen malerischen mikrokosmos

was sie am ende mitnahmen
hing wesentlich davon ab
ob sie mehr der aufklärung
oder der verklärung anhingen

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 184

sie war beides
schwindel und wahrheit zugleich

 

pics & words: © paulson 

 

 

burg 183

selbst eine burg
stand wehrlos
im strom der zeit

 

pics & words: © paulson

 

 

burg 182

von allen denkbaren ableitungen
der verborgenen seelenmächte
aus den tiefen des sterblichen
schien der gang zur burg
noch eine der harmlosesten

das sehnende träumen
war um so viel friedfertiger

als die meisten der anderen

und schöner allemal

 

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burg 181

im großen weltenspiel
von anziehung und abstoßung
wurden sie von rätselhaften
in ihnen verborgenen kräften
gewaltig zu ihr hingezogen

was sich da tief in ihnen abspielte
kam einer chemischen reaktion gleich

dass sie dabei auch noch an liebe dachten
steigerte die wonne zum seelenfeuerwerk

sie waren menschen und tiere zugleich
aber viel mehr noch schienen sie
endlos suchende traumgestalten
an den fäden fremder mächte zu sein

dass keiner von ihnen wusste
welche hand die fäden führte
war die erhöhung zum mysterium
und die quelle aller demut

 

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burg 180

am morgen nach dem großen schnee
stand sie malerisch im lichterfüllten tag

die menschen knieten nieder und weinten
glücklich und dankbar am leben zu sein

sie nahm das nicht allzu persönlich
schließlich kannte sie ihre pappenheimer
was aber nicht hieß dass sie es nicht genoss

 

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burg 179

die vorstellung von burg hatte sich verändert
blutige heldengeschichten waren so out
wie krawatten suvs und primitive feindbilder

das neue war anders – so viel war sicher
ob es auch auf dauer besser war
würde die zukunft erweisen

denn eines änderte sich nie

immer waren sterbliche am werk

 

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burg 178

manchmal bei nacht
da schien es ihm
als brenne der berg

nur mit mühe
hielt er sich davon ab
den notruf zu tätigen

 

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burg 177

warum genau sie kamen
wusste im grunde keiner

die quelle der magie
lag letztlich in ihnen selbst

 

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burg 176

wer erwartungen an sie hatte
wurde vielleicht enttäuscht

am schönsten war sie als metapher

 

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burg 175

es schien so als würden sie
die welt in dem maße verklären
wie sie ihnen erklärt wurde

 

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burg 174

nichts war stärker
als die gravitation der seele

wie magnete zogen sie einander an
seele und burg – das passte

 

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burg 173

natürlich war der verklärte blick
auf diese ritterburg ein glaube

so wie vertrauen ein glaube war
und jede vorstellung und erwartung
im umgang mit der welt und miteinander

hätte man sie nur mit der empirischen
und analytischen vernunft betrachtet
es hätte nicht einmal ihren bauplan
geschweige denn sie selbst gegeben

 

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burg 172

auch den inselreisenden
waren in der seuchenzeit
die klaren blauen himmel
angenehm aufgefallen 

noch durfte man sich daran erfreuen
bald würde es aber wieder losgehen
mit den sonnenräuberinselfliegern

und den expressiven exkrementen
die sie ins firmament schmieren
viel wilder noch als zuvor

es gab einiges nachzuholen

 

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