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Frühlingsgefühle


Sicherlich kann man über dieses Wetter geteilter Meinung sein. Es gab schon wärmere und trockenere Zeiten. Aber einen Trost hat dieser Regen doch: Die Rasenpanzerarmeen bleiben heute in den Kasernen. Es ist wohltuend still im deutschen Frühlingsland. Die Baseball-Kappen-Sheriffs sind wetterbedingt zum Indoor-Basteln verdammt. Nur aus der Ferne tönt einsam die Kettensäge eines Unbeirrbaren. Ja, in dieser technisierten Maschinenwelt lässt sich der schöne Mai besser bei Regen genießen denn bei Sonnenschein. Verkehrte Welt. Der grüne Terror macht´s möglich.

Wahrscheinlich aber bin ich nur besonders sensibel; denn den meisten Menschen in meiner Umgebung scheint diese Gartengeräte-Kakophonie kaum auf die Nerven zu gehen; genauso wenig der allgemeine Arbeits-, Produktions- und Konsumwahn, der dazugehörige Mobilitätseifer, die Zerteilung und Verdeckung des Himmels durch die Kondensstreifen unzähliger Billigflieger, das billige Dampfgelabere im Radio, die allgemeine Medienmanie, der Beschleunigungskrieg auf deutschen Straßen nach dem Motto: Wer bremst verliert. Eine Freie-Bürger-Nation von Formel 1 Weltmeistern – sinnbildlich unser Fahrstil für ein Volk im Arbeitsfieber. Immer geben wir Vollgas, sogar noch in den wenigen Wochen des wohlverdienten Urlaubs. In Minuten lassen wir uns hinauf in die Stratosphäre katapultieren, um auf entlegenen Restinseln im Turbotempo zu regenerieren. Dort entdecken wir dann die Seele, die wir im Alltag im Eisschrank lagern. Und weil wir Kinder des Systems sind fallen uns all diese absurden Entwicklungen gar nicht erst auf. Schließlich fliegt doch jeder normale Mensch durch die Welt, jeder fährt Auto, konsumiert und produziert, smartphont und lärmt rum. Hey, es geht uns doch bestens! Und wer da nicht mitmachen will, der kann ja rüber gehen. Fragt sich nur wohin. Früher gab es mal Stille und Dunkelheit und einen Himmel ohne Technik, mit Wolken und Vögeln und Sternen und so. Wahrscheinlich bin ich halt doch ein Ewig-Gestriger. Einer der nicht mehr mitkommt. Ein Kind der guten alten Zeit.

Sei es so, oder auch nicht: Ich wünsche Euch von Herzen einen wärmeren und sonnigeren Frühling – mit Zeitfenstern der Stille.

Paulson


Lieder zum Nachdenken


“Paulson & Friends” schlossen ihre “Blue-Wine-Tour” am Samstagabend mit einem stimmungsvollen Konzert im kleinen Saal der Bisinger Hohenzollernhalle ab. Es gab Musik, die unter die Haut geht.

Autor: KARIN IOVA | 22.04.2013

Gewichtig und doch leicht war der “Blue Wine”, der musikalische blaue Wein, den man am Samstagabend im kleinen Saal der Hohenzollernhalle kosten durfte. Der voll gefüllte kleine Saal der Hohenzollernhalle bot den passenden familiären Rahmen für die sanften Klänge des “Soulwriters” aus Bisingen. Mit dem ersten Stück, dem Titelsong zum aktuellen Album “Blue Wine”, lud Paulson dazu ein, sich auf den “bitteren Wein” – wie es im Liedtext heißt – einzulassen und sich mit ihm auf eine unbeschwerte musikalische Reise zu begeben.

Sanfte Klänge, die von Liebe und dem Rätsel des Menschseins erzählen, folgen auf fetzig bluesige Rocksongs, die von einem Bandscheibenvorfall handeln; eben musikalische Unterhaltung vom Feinsten.

Paulson (Akustikgitarre, Gesang), Andy Schoy (Percussion, Cajon), Andreas Reif (E-Piano, E-Kontrabass), Artur Stopper (Gesang) und Monja Schaarschmidt (Gesang) boten eine gekonnte Mixtur aus ruhigen Balladen und rockigen Stücken: eine Achterbahnfahrt durch die Gefühlswelt, die jeden Zuhörer fesselte.

Trotz tiefgründiger Themen, die unter die Haut gehen, schafft es der Paulson-Sound trotzdem leicht und positiv zu klingen. Die Lieder der Wahl-Bisingers regen zum Nachdenken an und beflügeln zugleich, was eine außergewöhnliche Atmosphäre kreiert. Selbst in seinen tieftraurigen Stücken wie “Father”, in dem es um den frühen Tod des Vaters geht, klingt Paulson nicht düster oder dunkel. “Paulson & Friends” spielen Musik zum Zuhören, trotzdem kann man hier und da auf seinem Stuhl mitwippen, wenn Paulson beschwingt von Robinson und dessen Insel singt.

Neben den Stücken aus dem aktuellen Werk, gab es an diesem Abend auch zahlreiche Lieder aus den vergangenen sechs Alben zu hören: “Mystery”, “City of gold” oder “Money”. In Paulsons Lieder findet man eine Menge von Ernst Buntz, wie der Musiker mit bürgerlichem Namen heißt. In “Island in the sea” beispielsweise besingt Paulson eine Insel in der Nordsee, die er jeden Sommer aufs Neue mit seinem Fahrrad bereist. Als Zugabe spielten “Paulson & Friends” “Angel”, ein Lied, dass Paulson einst für seine beiden Töchter komponierte.

Zwar hat Paulson schon einige neue Songs fertig, wann und ob es eine neue Tour geben wird, steht derzeit noch nicht fest.

http://www.swp.de/hechingen/lokales/bisingen/Lieder-zum-Nachdenken;art5598,1960407