sky on fire

morning sky 22-12-15---1

an einem der letzten tage des alten jahres vollzog sich am schwäbischen morgenhimmel ein feuriges schauspiel. sky on fire – und mittendrin, zwischen den sehnsuchtsstreifen, ein geflügelter inselomnibus, kurz vor dem eintauchen in einen rätselhaften schatten.

ob man sie nun mag oder nicht, die vom homo sapiens geschaffene technik entfaltet eine ganz eigene ästhetik. aber sie verändert auch nachhaltig individuum und gesellschaft. was kein problem wäre, wenn die erfindungen vorwiegend zum wohle aller eingesetzt würden, und ich meine damit nicht nur die eigene art. was menschenhirn und menschenhand innerhalb weniger jahre so alles hervorgebracht haben, lässt einen erahnen, was noch alles auf uns und die nachfolgenden zukommen wird.

wenn es um neue maschinen und produkte geht, entwickelt der homo faber eine geradezu unheimliche kraft. wenn neues erscheint, wird aber selten innegehalten und abgewartet. es werden einfach tatsachen geschaffen und kaum sind die einen realität, kommen bereits wieder neue. eine diskussion darüber, ob das machbare auch gewünscht ist, findet nicht statt. die gesellschaft hat schließlich wichtigeres zu tun als die zukunft der welt zu planen. und das machen ist ja auch viel einfacher als das seinlassen. nein, letzteres ist kein thema im gesellschaftlichen diskurs. andere dinge sind dagegen viel wichtiger: auf den heute üblichen hochauflösenden tv-großbildschirmen – binnen kurzem wird schon wieder die nächste generation auf den markt kommen – gibt es stundenlange karnevalssitzungen, tagelange sportberichterstattungen, dauerwerbesendungen, die üblichen gewaltexzesse und vieles schönes mehr. im dschungel des internet stehen unzählige längst nicht mehr überschaubare inhalte für jede geisteshaltung und seelenlage zur verfügung. es ist zu befürchten, dass die große freiheit dort längst zu einem gravierenden problem und einem von menschen geschaffenen rätsel geworden ist, das keiner mehr überschaut.

neben den ganzen unterhaltungsinhalten gibt es dieser tage natürlich auch jede menge sendungen zur flüchtlingsthematik. dort werden die gerade herrschenden einschätzungen mit jedem neuen vorkommnis wieder auf den kopf gestellt. die flucht von millionen von menschen vor krieg, fanatismus, korruption und armut (kurz: vor dem wahnsinn) gab es zwar schon immer, wird aber in unserem reichen teil der welt nur wahrgenommen, wenn sie uns direkt betrifft. sonst waren sie uns egal, die elenden massen. wobei es in der ganzen diskussion vor allem um unsere eigenen ängste geht. darüber wird sich aber kaum einmal vernünftig ausgetauscht; wie überhaupt in diesem absurden theater zwischen hass, hysterie und verharmlosung selten ein tiefgründiger gedanke zur geltung kommt. nur einige wenige fernsehsendungen, printmedien und radiosender bieten noch wirklich gute und differenzierte, sprich kritische journalistische qualität, was aber im ganzen gefühls- und unterhaltungsbrei quasi untergeht. natürlich ist die situation ein massives problem. man könnte sagen: endlich wird auch uns bewusst, wie brutal es zugeht auf der welt. aber wer setzt sich schon gerne mit der realen situation auseinander, wenn man bisher im schönen weilen und das hässliche so gut verdrängen konnte? natürlich will keiner sein haus und seinen reichtum teilen. aber teilen, das werden wir in zukunft wohl müssen. die steuererhöhung wäre dabei noch das angenehmste instrument. die bewohner der insel der glückseligen sind ganz schön erschrocken und tun nun vieles, die situation wieder unter kontrolle zu bekommen. dass sie sich auch einmal ausführlich über sich selbst austauschen sollten, wird ihnen auch dieses mal entgehen. wir werden uns auch weiter ängstigen, stigmatisieren und streiten, statt die lage rational und menschlich zu betrachten und uns dabei selbst anzuschaun.

sarkastisch verkürzt könnte man das derzeitige spektakel so zusammenfassen: solange es noch 8 tage türkische riviera all inclusive für ein paar euros gibt, ist alles in bester ordnung. und während wir dort in der sonne liegen und uns vom hamsterrad erholen, schaffen wir es sogar auszublenden  dass ganz in der nähe ständig verzweifelte menschen im meer ertrinken. der homo ignorans ist schon ein erstaunliches wesen.

was unser glück und die ungleichheit betrifft: dass die ärmere hälfte der weltbevölkerung, also 3 200 millionen menschen, bekanntlich genauso viel wie die reichsten 62 (nicht millionen, sondern einzelpersonen) besitzt, war vor zwei wochen immerhin mal einen tag lang eine mitteilung wert. die nachrichtensprecher hatten sogar einen moment lang so etwas wie einen abschätzigen zug um den mund, was sie ja nicht sollten. aber so eine krasse nachricht kann man wohl nicht ganz ohne entsetzen vorlesen. weiter thematisiert wurde der skandal aber nicht. wir haben uns wohl zu sehr daran gewöhnt. und es gibt, wie weiter oben beschrieben, wichtigeres zu tun.

aber ich will nicht zu pessimistisch daherkommen. das mögen die leute heutzutage nicht. man wird sofort abgewählt oder weggeklickt. positives denken ist schon lang und sehr nachhaltig angesagt. man lebt damit einfach besser. das verstehe ich. aber womöglich sind die wahren pessimisten ja jene, die in solchen donnerkolossen in die letzten paradiese jetten, und schon wissen, dass es eh ungerecht zugeht und überhaupt schon fast alles zu spät ist… aber das hilft jetzt auch nicht wirklich weiter.

letztlich: ob die feuervögel nun endzeitbotschafter sind, oder doch eine großartige zukunft einläuten, ist mitnichten klar. vielleicht wird uns irgendwann nur noch die technik erretten können. so wie sie uns in der reichen hälfte der welt schon heute millionenfach mit behandlungen und medikamenten das leben verlängert. etwas kostbareres als das eigene leben gibt es nicht. das wissen auch die flüchtlinge. vor allem sie. es geht mir gewiss nicht darum, die technik zu verteufeln, oder den konsum. beides brauchen wir. das wie ist die frage.


die allermeisten denken vielleicht nicht so viel über diese dinge nach. sie leben einfach… in der hoffnung, dass alles immer gut gehe und dass diejenigen, die manche so gern beschimpfen, schon alles richtig machen werden. und schließlich ist ja schon so lang alles gut gegangen. angesichts der flüchtlingskrise erscheinen uns andere themen eher unwichtig: flugzeugabgase, die permanent vom himmel rieseln, die zunehmende lärmbelästigung, die uns ebenso krank macht, der klimawandel, der alle und alles gefährdet. wer auf die politik schimpft, sollte sich mal fragen, welche rolle er selbst in dem drama spielt und ob er würde tauschen wollen. ich muss und will jene immer noch bewundern, die sich diesem volk und der ganzen überforderung überhaupt noch stellen. wer ohne fehler und eitelkeiten ist, der werfe den ersten stein. was die destruktiven manchmal vergessen: wir können vieles schaffen und sogar die welt retten. aber dafür müssten wir tatsächlich positiver denken und unser eigenes verhalten zu allererst verändern, verantwortung übernehmen und bescheidener leben… das vor allem anderen.

übrigens: natürlich sind die geschichten über angebliche chemtrails (die angeblich von der politik veranlasste systematische vergiftung der bevölkerung durch flugzeugabgase zum zwecke der bevölkerungsreduzierung) ein verschwörungs-theoretischer und damit großer unfug. chemtrails sind hier ganz gewiss nicht das thema gewesen; sie sind vielmehr ein grund dafür, dass ich angesichts der um sich greifenden geistesverwirrung des homo interneticus ludens ganz gewiss kein politker sein wollte.


als ich neulich allein auf einem großen freien feld skilanglaufen war, hat mich eine drohne erwischt, verfolgt, ausgiebig gefilmt. es gab kein entrinnen. minutenlang war ich gestört, fremdbestimmt, und es ist damit zu rechnen, dass das material ohne meine einwilligung verwendet wird. anderswo bringen die dinger keine ruhestörung, sondern tödliche geschosse und bei uns demnächst wohl auch das glück in form von amazon-päckchen. da kann man nur gratulieren. willkommen in der schönen neuen welt.


so long,

paulson

https://www.youtube.com/watch?v=M_o6axAseak



This entry was posted on Mittwoch, Februar 3rd, 2016 at 21:54 and is filed under 2016. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. Both comments and pings are currently closed.