Weihnachtsbotschaften…


…sind ja in der Regel päpstliche oder präsidiale Angelegenheiten. Ich habe keine vor…aber die Tatsache dass eben Weihnachten ist macht es auch nicht ganz ausgeschlossen, dass letztlich doch eine dabei herauskommt…

Ich bin ja ein Es-kann-schon-sein-dass-es-Gott-gibt-aber-ich-glaube-es-eher-nicht-Mensch. Man nennt uns auch Agnostiker.  Das klingt wie eine Krankheit, und ist vielleicht sogar eine. Wir zweifeln und verzweifeln an Dingen, die andere für erwiesen halten, die es aber wahrscheinlich nur im Kopf dieser „Kreationisten“ gibt.

Als Kind hatte ich durchaus sowas wie einen Glauben, war Ministrant und habe in der Kirche gesungen, so intensiv wohl, dass den schwarzgekleideten älteren Damen glatt die Tränen kamen. Mitunter war ich so sehr von meiner eigenen Stimme verzaubert – es war natürlich in erster Linie die phantastische Akustik in der Kirche – dass ich mir dabei wie zwei vorkam – der, der sang, und jener, der ergriffen zuhörte. Und natürlich war ein Gott in solch feierlichen Momenten ganz gewiss nicht auszuschließen… schon eher ziemlich sicher vorhanden. Später haben mich dann das bunte Leben, ein ziemlich düsterer Pfarrer und ein giftzwergiger Messner vom Glaubenspfad wieder abgebracht. Das Leben im damaligen Hier-und-Jetzt war voll und reizvoll, warum sollte man da für ein Leben nach dem Tod Verzicht üben? Gottesdienste und Religionsunterricht liefen in den immer gleichen stereoptypen Bahnen…ich hab die Bibel nie wirklich verstanden angesichts der litaneiartigen Gebetsrituale. Einmal wurde mir bei einer Beerdigung als Ministrant vom Weihrauch schlecht, da wäre ich beinahe ins Grab gekippt, hätte mich nicht ein entschlossener Trauergast in den Dreckhaufen gerettet. Anschließend machte mich unser Pfarrer zur Schnecke statt sich nach meinem Befinden zu erkundigen. Als Revanche warf ich damals ein buntes Kirchenfenster ein – und der im Schneeball versteckte Stein verfehlte dabei den Messner nur knapp – was mir einen Polizeibesuch und einen freiwilligen Rückzug von der Kirchenkarriere einbrachte. Meine Familie bestand seit Generationen aus arbeiterbewegten Ungläubigen, so dass meine Entscheidung auch von daher keine Korrektur erfuhr. Ich blieb Gottesdiensten von da an fern und suchte Kirchen nur noch gelegentlich als Baudenkmäler und Rückzugsräume auf. Es dauerte dann noch 30 Jahre, bis ich schließlich aus der katholischen Kirche austrat. Der Trubel um unseren Papst und die Beibehaltung der alten Doktrinen – die einen aufgeklärten Menschen zu Tränen treiben müssen – gaben mir schließlich den Rest.

Richtig schön waren die Weihnachtsfeste in der Zeit als unsere Mädchen noch kleiner waren. Heute ist der Jahreswechsel für mich eine wunderbare Zeit der Besinnung, ein Daheimsein und Innehalten, und damit der äußerste Gegensatz zum sommerlichen Unterwegssein.

Es tut gut, wenn Menschen an einen denken, etwas schenken, einen Brief oder eine E-mail schicken. Auch selber schenken und schreiben ist schön. Allerdings ist so gesehen für mich das ganze Jahr Weihnachten. Ich versuche das ganze Jahr achtsam mit den Menschen umzugehen, die mir wichtig sind. Und ich hoffe, dass mir das auch gelingt.

Wobei achtsam nicht für jeden dasselbe bedeutet. Manche Menschen mögen nicht über vermeintlich unangenehme Dinge reden. Bei mir ist das anders. Begegnungen zwischen Menschen, die einander mögen, sind für mich Situationen, in denen eben auch gerade jene Dinge zur Sprache kommen, die alles andere als Dinge sind: Gefühle, Erwartungen, Versäumnisse, Ängste, Enttäuschungen. Klar, eine Freundschaft braucht in erster Linie Vertrauen, Humor, Leichtigkeit. Aber wenn es dabei alleine bleibt, dann fehlt etwas sehr Wichtiges. Die schwierigen und dunkleren Themen gehören ebenso zu einer Freundschaft wie das gemeinsame Lachen. Weil das Leben beides hat: Licht und Schatten. Manche bauen ihr Haus des Lebens in sicherem Abstand zum Abgrund der eigenen Seele. Aber gerade das Abgründige im Menschen ist mir mit das Spannendste. Nun, jedem das seinige…

Im Regen durch den Wald zu gehen macht wohl auch nicht allen Menschen Spaß. Der Spaziergang heute war aber besonders schön. Die Nässe trommelte auf meine Kapuze und war sehr erfrischend. Schnee wäre noch schöner gewesen. Am liebsten geh ich bei Schnee. So wie in meinem Song „Walking“, wo ein Mann durch einen brennenden Winterwald geht, tief in sich versunken, gefangen im seelischen Irrgarten einer großen Liebe, die ihn nicht mehr loslässt. Schließlich geht er im eigenen inneren Labyrinth verloren und es bleiben letztlich nur noch seine Spuren im Winterwald übrig…

Nach so viel Text ist nun der Moment gekommen wo nur noch der engste Kreis von Paulson-Sypathisanten beisammen ist. Ich begrüße Euch nochmal ganz speziell und möchte Euch nun was anvertrauen, das mich doch einige Tage lang beschäftigt hat. Zuerst hat es mich sehr geärgert, aber dann fand ich es doch ziemlich interessant:

In der letzten Woche erschien eine Besprechung von „swabian skies“ in der hiesigen Zeitung, geschrieben von einer jungen Pressefrau, die durchaus des Schreibens mächtig ist. Für die Verhältnisse im Zollernalbkreis war das aber eine ziemlich kritische Besprechung. Und ich war ihr Ziel. Für mich war sie schlichtweg grob und verletzend. Warum?

Nun, vor nicht einmal zwei Jahren, hatte dieselbe Person in einer Rezension mein Album „Come to the Island“ noch recht gut gefunden, um es mal bescheiden zu sagen. Diesmal aber schreibt sie, die Songs seien „irgendwo zwischen Kitsch und Träumerei“ angesiedelt. Sie nennt mich einfach „Lehrer Ernst Buntz“, und gar nur „Buntz“ statt Paulson, und meint, ich würde mich auf dem Album meines seelischen Ballasts entledigen. Das ist bewusst grob und will verletzen. Gleichzeitig ist die Besprechung insgesamt seltsam widersprüchlich, und einzelne positive Passagen wollen gar nicht zur sonstigen schlechtgelaunten Wortwahl passen. Als Krönung unterstellt die junge Dame mir auch noch, ich hätte mich bei einem Hit einer bekannten Band (die ich noch nicht mal gut finde…The Corrs) bedient.  Tatsächlich kommen die Worte „What can I do to make you love me?/What can I do to make you care?” im Hit der Corrs vor. Aber es sind Allerweltsätze, und ganz gewiss nicht geklaut…. sie werden wohl tausendfach gesagt und geschrieben, jeden neuenTag. Wenn ich eines ganz gewiss nicht nötig habe, dann von anderen abzuschreiben. Ich schreibe viel mehr als ich je in Songs verwenden kann. Und wenn ich es nötig hätte, dann würde ich mir garantiert originellere Stellen aussuchen, zum Beispiel so einen Satz wie den: „Do not choose a coward explanation“ (Leonard Cohen). Damit könnte man äußerst gut ein Lied für eine ganz bestimmte Person beginnen… Aber den würde ich auch dann nur als ausgewiesenes Zitat verwenden. Wie schräg muss jemand drauf sein, um einem sowas Schlichtes zu unterstellen! Wenn man die Probe auf´s Exempel machte, so würde man wohl fast jede Phrase von meiner CD im Internet finden. Dass viele Menschen was Gleiches oder Ähnliches irgendwann aufgeschrieben haben bedeutet aber doch nicht, dass man es abgeschrieben hat. Absurd und verletzend. Zudem sind wir natürlich alle Produkte unserer Kultur und der Auseinandersetzung mit ihrer Sprache, ihren Ideen. Kein Mensch erfindet wohl mehr etwas grundlegend Neues. Und die Corrs mit ihren  Liebesgeschichten ganz gewiss auch nicht. Eigentlich zu offensichtlich um sich überhaupt damit zu beschäftigen…

Natürlich frage ich mich, wie es zu dem Text und dieser wahrhaft oberlehrerhaften journalistischen Rotstiftwatschen kommen konnte… zu dem Unterschied in nur 18 Monaten. Und die Antwort ist eigentlich recht offensichtlich: Da ich mich nicht wesentlich verändert habe, muss sich irgendwas in dieser Person verändert haben, oder sie wird von oszillierenden Launen heimgesucht. Das wäre mir eigentlich egal – es gibt sonst bislang ausschließlich positive bis überschwängliche Reaktionen auf die „skies“ – aber dadurch, dass ich hier der „Geschädigte“ bin, und grundsätzlich in solchen Dingen auch durchaus neugierig, habe ich doch ziemlich intensiv über die Motive dieser Dame nachgedacht. Meine vordergründige Erklärung ist, dass ich sie bei einem Konzert kurz nach ihrer letzten positiven Besprechung der „island“-CD nicht gleich erkannte und sie das verletzt hat. Vielleicht hat sie aber auch noch eine paar Rechnungen mit Lehrern offen, wie so viele Menschen, die ihre eigenen Seelenballast gerne auf die Standardsündenböcke Politiker, Lehrer oder Banker, oder einfach auf den Nächstbesten abladen. Vielleicht kam ich ihr ja gerade recht.

Der Grund wird aber wohl doch viel komplexer sein. Wer so verletzen muss, wird wohl selber innerlich bluten. Es bleiben letztlich zwei Fragen: Was wollte sie mir sagen? Und: Was sagt dieser Bericht über sie selbst?

Dass man auch mal eine nicht so wohlwollende Kritik erhält ist prinzipiell o.k., aber das hier hat, wie wir im Schwäbischen sagen, oifach a seltsams Gschmäckle.

Nun, jetzt wo ich Euch das aufgeschrieben habe, muss ich sagen… eigentlich ist es zum Schmunzeln. Ich werde also mit buddhistischer Heiterkeit damit umgehen, und jetzt auch gerade jener jungen Frau ein gutes und gesundes neues Jahr wünschen, so wie allen anderen:

Den Weihnachtsmuffeln und den Christbaumfreaks, den Weintrinkern ebenso wie den Bier- und den Teetrinkern, den Schaffern und den Müßiggängern, den Vernünftigen und den Träumern, den Demütigen und den Ungnädigen, den Ungläubigen und den Gottesgläubigen, den Daheimgebliebenen ebenso wie den Inselflüchtigen, den Alleinsamen wie den Gemeinsamen, den Mitteilsamen und den Schweigsamen, den Ewigmorgigen und den Lebenskünstlern, den Wurzel- und den Flügelwesen, den Unbequemen und den Schmeichelbären, den Grenzgängern und den Feiglingen, den Beliebten und den Unbequemen…

Wir sind ja von allem ein wenig…und von manchem ein wenig mehr. An dieser Stelle sollte gleich ein zwinkernder Smilie erscheinen, ich hoffe er tut es auch…

😉

In diesem Sinne…

Paulson


This entry was posted on Freitag, Dezember 25th, 2009 at 20:27 and is filed under 2009. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. Both comments and pings are currently closed.